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INTERNATIONAL/059: Lange übersehen - Kooperativen durch UN-Jahr gewürdigt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. November 2011

Wirtschaft: Lange übersehen - Kooperativen durch UN-Jahr gewürdigt

von Elizabeth Whitman


New York, 2. November (IPS) - Genossenschaften gelten als wichtige wirtschaftliche Akteure mit sozialem Antlitz. Weltweit zählen sie mehr als eine Milliarde Mitglieder und sind in den unterschiedlichsten Bereichen aktiv. Trotz ihrer besonderen Leistungen hat dieses Wirtschaftsmodell vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit erfahren. Das soll nun im Internationalen Jahr der Kooperativen 2012 nachgeholt werden.

Mit Hilfe ihrer Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten (UNDESA) und dem Ausschuss zur Förderung von Kooperativen (COPAC) will die Weltorganisation im kommenden Jahr drei größere Ziele erreichen. Zum einen soll die Arbeit der Kooperativen und ihre Verdienste stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt werden. Außerdem ist geplant, das Wachstum der Genossenschaften zu fördern und UN-Mitgliedsstaaten davon zu überzeugen, Strategien zu deren Unterstützung zu entwerfen.


Gerechtes Wirtschaftsmodell

Während sich die Finanzkrisen weltweit fortsetzen und verschiedene 'Occupy'-Bewegungen tiefgreifende Veränderungen fordern, scheint es an der Zeit, den Wert von Kooperativen als gerechtes Wirtschaftsmodell hervorzuheben, das die sozioökonomische Entwicklung vorantreiben kann.

Da die Kooperativen von ihren Mitgliedern selbst verwaltet werden, sind sie nicht profitorientiert. An Stelle des Strebens nach Gewinn stehen die Bedürfnisse der Mitglieder. Kooperativen "können längerfristige Investitionen tätigen und die vielen Untergrenzen erkennen, die Nutzer, Eigentümer, Beschäftigte und Nachbarn als wichtig erkennen", sagte Michael Gertler, der Direktor des Studienzentrums für Kooperativen an der Universität von Saskatchewan in Kanada.

Genossenschaften werden deshalb als langlebig angesehen. Die Überlebensrate von Startup-Kooperativen ist höher als die von Konkurrenten im privaten Sektor. Die Vereinten Nationen wollen hervorheben, dass Genossenschaften zur Armutsbekämpfung beitragen und nachhaltige Praktiken fördern können. Die Weltorganisation setzt sich maßgeblich dafür ein, den menschlichen Aspekt von Entwicklung und Wohlstand vor dem finanziellen zu betonen. Kooperativen verbinden beides, wodurch sie zu einem begehrten Geschäftsmodell werden.


Zusammenarbeit auf Graswurzelebene

"Genossenschaften versetzen Individuen in die Lage, Selbsthilfeunternehmungen zu starten", sagte der UN-Untergeneralsekretär für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten, Sha Zakang. Sie förderten außerdem die Zusammenarbeit auf der Graswurzelebene, sagte er kürzlich auf einem Treffen mit Vertretern europäischer Genossenschaftsbanken.

Während eines runden Tisches sei später darüber diskutiert worden, dass die 'grüne Wirtschaft' bald "radikale Veränderungen" bei der Produktion und dem Konsum von Strom brauche, beobachtete Sha. Kooperativen könnten eine wichtige Rolle beim Übergang zu einer umweltfreundlichen Wirtschaft spielen, indem sie vernünftige Praktiken einführen.

"Wie können Kooperativen am besten genutzt werden, um eine auf den Menschen konzentrierte Annäherung an nachhaltige Entwicklung voranzubringen?", lautete die rhetorische Frage von Sha. Er unterstrich die Bedeutung der Rolle, die Kooperativen in der UN-Entwicklungsagenda und für die Millenniumsentwicklungsziele zur Armutsbekämpfung spielen.

Auch Gertler ist der Ansicht, dass Genossenschaften "das Potenzial haben, hervorragende Vehikel für den Übergang zu einer nachhaltigen Produktion und einem ebensolchen Konsum zu sein".


Ureinwohner und Bauern profitieren

Daniele Bas, die bei UNDESA die Abteilung für Sozialpolitik und Entwicklung leitet, ist ebenfalls davon überzeugt, dass Kooperativen als "auf den Menschen zentriertes Unternehmensmodell" eine positive Wirkung auf indigene Völker und die Landbevölkerung haben. Dennoch stehen sie zumeist nicht im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Im Finanzsektor haben sie jedoch viele herkömmliche private Firmen in den Schatten gedrängt.

Laut einem 2009 veröffentlichten Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation ILO sind vor allem kooperativ betriebene Banken erfolgreich. Während die meisten Unternehmen von Wirtschaftskrisen getroffen würden, seien die weltweiten Kooperativen wenig anfällig für solche Schocks, hieß es. Den Genossenschaften wurde zugutegehalten, die Lebensbedingungen in den Regionen, in denen sie anzutreffen sind, verbessert zu haben. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.un.org/en/development/desa/index.html
http://www.copac.coop/
http://usaskstudies.coop/
http://www.ilo.org/global/lang--en/index.htm
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=105665

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 2. November 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. November 2011