Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → WIRTSCHAFT

INTERNATIONAL/169: Lateinamerika - 0,03 Bitcoins für einen Espresso, virtuelle Währung gewinnt Anhänger (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. September 2013

Lateinamerika: 0,03 Bitcoins für einen Espresso - Virtuelle Währung gewinnt Anhänger

von Emilio Godoy (*)


Bild: © bitcoin.org

Das Bitcoin-Symbol
Bild: © bitcoin.org

Mexiko-Stadt, 11. September (IPS) - Die virtuelle Währung 'Bitcoin', die vor einigen Jahren in Japan erfunden wurde, verbreitet sich inzwischen auch in Lateinamerika. Einer der überzeugten Nutzer des Geldes, das nur in digitaler Form existiert und von keiner nationalen Notenbank ausgeben wird, ist der mexikanische Systemingenieur Moisés Briseño. "Ich kaufe und verkaufe Bitcoins und verfolge die Wechselkurse. Mein Ziel ist es, Unternehmen dazu zu bringen, dieses Zahlungsmittel zu akzeptieren."

Bitcoins wurden 2008 von Satoshi Nakamoto eingeführt - wahrscheinlich das Pseudonym eines japanischen Programmierers oder einer Personengruppe. Die Software, mit deren Hilfe man das virtuelle Geld ausgeben und innerhalb eines Netzwerks gegen Leistungen eintauschen kann, wurde im Januar 2009 veröffentlicht.

Fernando Ulrich vom Ludwig-von-Mises-Institut in der südbrasilianischen Stadt Porto Alegre sieht Bitcoins nicht nur als "modische" Online-Währung, sondern als etwas viel Revolutionäreres. Die Kosten für Finanztransaktionen würden dadurch gesenkt, meint er. Außerdem stünden Bitcoins für eine neue Sicht auf die Weltwirtschaft, da Regierungen und Zentralbanken in diesen Zahlungsverkehr nicht eingriffen. "Die Menschen werden aus der Abhängigkeit vom Finanzmonopol des Staates befreit."

Jeder Bitcoin wird von Computern produziert, die hochkomplexe Verschlüsselungsprobleme lösen. Von Anfang an sind der Verbreitung Grenzen gesetzt worden. Etwa die Hälfte der vorgesehenen virtuellen Münzen ist bereits im Umlauf. Bis zum Jahr 2140 sollen sie aber weiter verbreitet werden, wenn auch in immer größeren Abständen. Die Tatsache, dass es keine zentrale Ausgabebehörde gibt, hat den Wechselkurs im Verhältnis zum US-Dollar oder britischen Pfund stark schwanken lassen. Dennoch kann sich die virtuelle Münze offensichtlich behaupten.


Fälschungssicheres Zahlungsmittel

Das Zahlungsmittel kann aufgrund des kryptografischen Verfahrens nicht gefälscht werden. Überweisungen von Bitcoins erfolgen ausschließlich von einem Mitglied des Netzwerks zu einem anderen. Die Bitcoin-Einheiten können gegen Dollar, Euro oder andere Währungen sowie gegen Waren oder Dienstleistungen eingetauscht werden.

Bitcoin-Nutzer weisen in dem dezentralisierten Währungsnetzwerk den Besitz des Zahlungsmittels durch zwei eindeutige, miteinander verbundene kryptografische Schlüssel nach. Ein Schlüssel ist privat und nur auf dem Computer des Kunden zu sehen. Der andere ist öffentlich und ermöglicht die Transaktion. Jede dieser Transaktionen wird mit einer digitalen Signatur versehen und in einer öffentlichen Datenbank registriert.

In Lateinamerika wurden Bitcoins zuerst 2012 in Brasilien verwendet. Noch sei der Umsatz niedrig, wachse jedoch rasch, sagt Rodrigo Batista, der Vorsitzende der brasilianischen Firma 'Mercado Bitcoin'. "Die meisten Nutzer wollen durch den An- und Verkauf von Bitcoins Gewinne machen", erklärt er. In Brasilien nähmen diese Geschäfte vor allem in der Industriemetropole São Paulo zu.

In Argentinien gebe es derzeit etwa 3.000 bis 4.000 Interessenten für Bitcoins. 400 nutzten bereits das System, die übrigen machten sich noch damit vertraut, berichtet Diego Gutiérrez, der Vorsitzende der argentinischen Bitcoin-Stiftung, die eine beratende Funktion ausübt. Im September sind zwei Informationsveranstaltungen am Hauptsitz in Buenos Aires geplant. "Papiergeld wird bald verschwunden sein, und Bitcoins bieten aus technischer Sicht große Vorteile, etwa durch sicherere Transaktionen", meint er.

Das Portal 'LocalBitcoins' bringt Nutzer mit einem lokalen Markplatz mit anderen Bitcoin-Zahlern in ihrer Stadt oder in ihrem Land in Verbindung. Nach Informationen auf der Website 'Bitcoinwatch' sind zurzeit 11,65 Millionen Bitcoins mit einem Gesamtwert von 1,46 Milliarden US-Dollar im Umlauf. Durchschnittlich werden weltweit 2.128 Transaktionen pro Stunde getätigt.

In Ländern wie Deutschland, Australien, Kanada, Finnland oder Frankreich ist das virtuelle Geld erlaubt, während es etwa in Thailand verboten ist. Die USA ordneten in diesem Jahr eine Untersuchung mit der Begründung an, dass Bitcoins zur Finanzierung von Terrorismus oder zur Geldwäsche missbraucht werden könnten. Experten wie Ulrich sind dagegen fest davon überzeugt, dass dieses neue Geld dabei helfen kann, die internationale Finanzkrise zu überwinden.


Barcode an der Kasse über Handy eingescannt

In Berlin kann man beispielsweise im Café 'Floor's' in Kreuzberg mit Bitcoins zahlen. Marie, die dort einen Espresso macchiato bestellt, scannt mit ihrem Smartphone an der Kasse einen Barcode ein und bezahlt dann aus ihrem virtuellen Geldbeutel. Zum derzeitigen Wechselkurs kostet der Kaffee etwa 0,03 Bitcoins.

Die etwa 25 Unternehmen in Berlin, die inzwischen Bitcoins akzeptieren, tun dies durch ein stilisiertes 'B' am Eingang kund. In den meisten Fällen handelt es sich im Bars und Cafés, aber auch einige Hotels und Buchhandlungen machen mit.

Marie zahlt etwa zwei bis drei Mal täglich mit Bitcoins. "Ich weiß nicht, ob das die Währung der Zukunft ist", meint sie. "Doch ich glaube, dass sich virtuelles Geld bei Online-Transaktionen immer weiter durchsetzen wird." Obwohl die Verbreitung in Berlin und anderen Städten erst gering ist, hat im August die Bundesregierung Bitcoins als 'Währungseinheit' anerkannt. (Ende/IPS/ck/2013)

* Mit Beiträgen von Marcela Valente (Buenos Aires), Fabíola Ortiz (Rio de Janeiro) und Julio Godoy (Berlin).


Links:

http://bitcoin.org/en/
http://www.mises.org.br/About.aspx
http://www.mercadobitcoin.com.br/
http://www.bitcoinargentina.org/
http://bitcoinwatch.com/
https://localbitcoins.com/
http://www.ipsnews.net/2013/09/bitcoins-catching-on-in-latin-america/
http://www.ipsnoticias.net/2013/09/Bitcoin-recluta-curiosos-en-america-latina/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 11. September 2013
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. September 2013