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INTERNATIONAL/190: Myanmar - Auslandsinvestoren strömen ins strukturschwache Land (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Januar 2014

Myanmar: Auslandsinvestoren strömen ins strukturschwache Land

von F.A. Sheikh


Bild: © F.A. Sheikh/IPS

Ausländische Firmen suchen nach Investitionsmöglichkeiten im strukturschwachen Myanmar
Bild: © F.A. Sheikh/IPS

Rangun, 22. Januar (IPS) - Nach Jahrzehnten der wirtschaftlichen Stagnation unter militärischer Herrschaft öffnet sich Myanmar zunehmend ausländischen Investoren. Die Resonanz ist groß, wie die Präsenz großer internationaler Konzerne zeigt. Ob Coca-Cola, Unilever, Samsung oder Fujitsu - sie alle sind emsig dabei, sich ihren Anteil an dem unerschlossenen Markt von gut 60 Millionen Konsumenten zu sichern.

Laut der Unternehmensberatung McKinsey & Company liegt das südostasiatische Land in der weltweit am schnellsten wachsenden Region. Doch gibt es zahlreiche Schlaglöcher auf dem Weg zum Erfolg.

Die Regierung von Myanmar bemüht sich zwar um eine möglichst rasche Verabschiedung von Gesetzen zur Reglementierung von Investitionen, Umweltschutz und Arbeitsstandards. Doch Vicky Bowman, Leiterin des 'Myanmar Centre for Responsible Business' in Rangun, bemängelt, dass es die Rechtsreformen an Transparenz vermissen ließen.

Wie Bowman weiter erklärt, sind dies nicht die einzigen Probleme, mit denen sich Investoren konfrontiert sehen. So gibt es bei den meisten burmesischen Unternehmen eine doppelte Buchführung und es ist unklar, wie viele Steuern sie zahlen müssen. Ausländische Partner wollen aber die Buchhaltung der letzten fünf Jahre sehen.

Ein weiteres Problem ist die "ausufernde" Korruption, wie die Expertin betont. Die Regierung vergebe Aufträge und biete Immobilien an, ohne dass es zuvor zu Ausschreibungen gekommen sei. In dem Anti-Korruptionsindex von 'Transparency International' erhielt Myanmar 2013 in der Kategorie öffentlicher Sektor nur 21 von 100 Punkten. Je niedriger die Punktzahl, desto größer sind die Verfehlungen.

Die Regierung von Präsident Thein Sein hat derweil ihre Absicht bekundet, der Transparenz-Initiative der Rohstoffindustrie beizutreten, um zu unterstreichen, dass die Bodenschätze und Energiequellen des Landes verantwortungsvoll erschlossen werden.


Keine Anti-Korruptionsbehörde

Als das Parlament im August ein Anti-Korruptionsgesetz verabschiedete, wandten Kritiker ein, dass es die grassierende Korruption im Lande ohne eine Anti-Korruptionsstelle kaum eindämmen werde.

Das Hauptproblem für Firmen, die auf den Markt von Myanmar vordringen wollen, ist aber offenbar der Zugang zu Land. Laut Bowman gebe es in dem Bereich "viel Verwirrung". Bauern, die ihr Land verloren hätten, forderten marktübliche Entschädigungen. Internationalen Lebensmittelkonzernen drohten deshalb Gerichtsverfahren oder ein Verlust ihres Ansehens.

In Myanmar werde über Proteste in Gold- und Kupferminen sowie "Nahrung-gegen-Energie"-Kontroversen umfangreich berichtet, bestätigt Lynn Thiesmeyer, Vizepräsidentin des Umwelt- und Wirtschaftsforschungsinstituts von Myanmar mit Sitz in Rangun, in Anspielung auf das Angebot der Regierung, große Agrarflächen an Energieunternehmen zu verpachten. Die von China gebauten großen Staudämme am Salween-Fluss hätten nicht nur zum Verlust von Nahrungsmitteln, sondern auch zum Verlust von Land geführt, erläutert Thiesmeyer. "Und die meisten Armen in ländlichen Regionen haben nichts anderes."

Das 'Centre for Responsible Business', das von europäischen Gebern bezuschusst wird, soll ausländischen Unternehmen den Zugang zum Markt erleichtern. Das Zentrum will den Investoren bei Verhandlungen mit der Regierung behilflich sein und zudem die Mitarbeiter einheimischer Unternehmen in Wirtschafts- und Menschenrechtsfragen fortbilden. Außerdem sollen in den nächsten Jahren Gutachten zu den Bereichen Tourismus, Öl und Gas, Landwirtschaft sowie Kommunikations- und Informationstechnologien erstellt werden.


Vollmundige Versprechen

Mehrere westliche Unternehmen bilden die Vorhut und versprechen neue Arbeitsplätze, landwirtschaftliche Entwicklung sowie Gesundheits- und Hygieneprogramme für Kinder. Ihre Aktivitäten im Energiebereich haben sich aufgrund der reichen Öl- und Gasvorkommen gesteigert. Kürzlich gab die Regierung die Namen von Firmen bekannt, die Förderlizenzen im Öl- und Gassektor erhalten sollen. Die Zusagen hängen allerdings von der Bereitschaft der Unternehmen ab, Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfungen vorzunehmen.

Die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi hatte bereits 2012 gegenüber Journalisten erklärt, man werde Konzerne wie Chevron oder Total nicht dazu ermuntern, das Land zu verlassen. Vor allem Total sei "Menschenrechts- und Umweltfragen gegenüber aufgeschlossen".

Im Tourismusbereich eröffnen westliche Ketten wie Best Western International und Accor angesichts steigender Besucherzahlen Hotels. Auch das italienische Unternehmen Ferrero und der deutsche Gummibärchen- und Lakritzhersteller Haribo kündigten im vergangenen Jahr an, nach Myanmar zu kommen. Pepsi wiederum will seine Geschäfte mit dem Land ausbauen. Der Nahrungs- und Getränkeriese Nestlé hat bereits eine Genehmigung erhalten, eine Niederlassung in Myanmar eröffnen zu dürfen. Und Unilever kündigte im vergangenen Mai seine Rückkehr und die Eröffnung einer neuen Fabrik und eines Firmensitzes in Rangun an.

Das Engagement von Coca-Cola geht allerdings noch weit darüber hinaus. 2013 eröffnete der Limonadenhersteller eine Abfüllanlage und plant Investitionen im Umfang von 200 Millionen Dollar in den nächsten vier bis fünf Jahren. Wie der Generalmanager Rehan Khan mitteilte. will der Konzern in Myanmar zudem insgesamt 22.000 direkte und indirekte Jobs schaffen.

Khan erinnerte ferner daran, das Coca-Cola mit Hauptsitz in den USA in den vergangenen Jahren festgestellt habe, dass in zwei Abfüllanlagen seines Geschäftspartners Mitarbeiter aufgrund ihres Alters oder Geschlechts diskriminiert worden seien. Dagegen sei man eingeschritten. (Ende/IPS/ck/2014)


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IPS-Tagesdienst vom 22. Januar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Januar 2014