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INTERNATIONAL/217: Indien - Hohe Lizenzgebühren für europäische Züchter belasten die Rosenindustrie (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Juli 2014

Indien: Dornige Zeiten für die Rosenindustrie - Hohe Lizenzgebühren für europäische Züchter belasten Branche

von Keya Acharya


Bild: © Keya Acharya/IPS

Rosenzuchtbetrieb im indischen Bangalore
Bild: © Keya Acharya/IPS

Bangalore, 22. Juli (IPS) - Sorgsam gehegte Rosenpflanzen, die in säuberlich gezogenen Reihen gepflanzt, tröpfchenweise bewässert und von kleinen Sprinklern befeuchtet werden, wachsen nahe Bangalore in klimatisierten Gewächshäusern. Die hohen Glaskuppeln werden regelmäßig zur Belüftung geöffnet. Jedes Jahr werden von der südindischen Stadt aus etwa zehn Millionen Schnittrosen in alle Welt exportiert.

Die 25 Hektar große Farm etwa 35 Kilometer von Bangalore entfernt gehört dem wohl größten indischen Schnittrosenexporteur 'Suvarna Florex'. Auch wenn die Blumen gut gedeihen, sieht sich die Branche mit 'dornigen' Problemen wie den hohen Lizenzgebühren für die ausländischen Rosenzüchter und den ständig steigenden Betriebskosten konfrontiert.

Die Schnittrosenindustrie in Indien führt zwar noch ein Nischendasein auf einem Markt, der bisher vom Handel mit Blumen für kulturelle und religiöse Anlässe dominiert wird. Die Exporteure verzeichneten jedoch allein im vergangenen Jahr einen Zuwachs um 17 bis 20 Prozent. Im Zeitraum 2012 bis 2013 wurden 76,73 Millionen Tonnen Schnittblumen, vorwiegend Rosen, aus Indien ausgeführt. Die wichtigsten Märkte sind Europa, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Japan, Kanada und Australien.


Schwarzes Schaf

Bis 2010 lieferte die in Bangalore ansässige Unternehmensgruppe 'Karuturi' fast zehn Prozent aller in Europa gehandelten Rosen. Sie lässt inzwischen auch Blumen in Kenia und Agrarpflanzen in Äthiopien produzieren. Karuturi steht allerdings in der Kritik, seit der Firma unter anderem Verstöße gegen Arbeits- und Steuergesetze in Kenia vorgeworfen wurden.

In Äthiopien hat sich das Unternehmen - bisher nur auf dem Papier - den Zugang zu 400.000 Hektar unberührten Landes zu äußerst niedrigen Pachtgebühren verschafft. Der von Kritikern als Land Grab bezeichnete Deal setzt Tausende Bewohner der Region Gambella dem Risiko der Vertreibung aus. Der schlechte Ruf des Unternehmensgründers Sai Ramakrishna liegt wie ein Schatten über den Geschäften von Karuturi in Afrika.

Für den Rosenpflanzer und früheren Forstbeamten im indischen Bundesstaat Andhra Pradesh, R. D. Reddy, ist Ramakrishna ein Zocker, der mit geliehenem Geld an der Börse spekuliert hatte und hohe Verluste einstecken musste. Er habe dem Ruf Indiens in Afrika geschadet.

Auch Manjunatha Reddy, ein in Dubai ansässiger indischer Industrieller, der eine Rosenfarm in der Nähe der Karuturi-Niederlassung in der Region Holata, unweit der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba, betreibt, hält Ramakrishnas Machenschaften für geschäftsschädigend - und zwar nicht nur für die Schnittrosenindustrie. Auch andere indische Firmen im Agrar- oder im Telekommunikationsbereich bekämen die Folgen zu spüren. "Wir haben inzwischen sogar Schwierigkeiten, Risikokapitalgeber und Investment-Broker für Agroindustrieprojekte zu gewinnen", fügt er hinzu.

Trotz mehrfacher Anfragen beim Karuturi-Hauptsitz in Bangalore hat IPS bisher keine Stellungnahme erhalten.

Die größten Probleme bereiten der indischen Schnittrosenindustrie die hohen Lizenzgebühren für im Ausland gezüchtete Rosensorten, wie der Geschäftsführer von Suvarna Florex, Sridhar Chowdary, betont.

In den Anfängen vor etwa 20 Jahren war der Schnittblumensektor Indiens hoch verschuldet, nachdem die Züchter aus den Niederlanden Treibhäuser eingeführt und Patente auf Rosensorten erworben hatten. Durchschnittlich musste jeder Rosenpflanzer damals pro Hektar Land umgerechnet etwa 332.000 US-Dollar investieren. Inzwischen kostet die Gründung eines mit indischer Technologie ausgestatteten Betriebs nur noch etwa die Hälfte.


Sektor von französischen und niederländischen Züchtern dominiert

"Das ist ein milliardenschwerer Wirtschaftszweig, der vor allem von französischen und niederländischen Züchtern kontrolliert wird", sagt der Gartenbau-Berater Thilak Subbaiah. "Wir können da auf keinen Fall mithalten." Den indischen Forschungsinstituten wirft er vor, sich zu wenig mit der Entwicklung einheimischer Rosensorten zu befassen.

Laut Anne Ramesh, Präsidentin der Vereinigung der südindischen Blumenzüchter und Vorstandsvorsitzende von Suvarna Florex, müssen indische Züchter zwischen 85 Cent und 1,25 Euro Lizenzgebühren für jede Rosenpflanze zahlen. "Die Kosten sind ebenso hoch wie in Kenia, wo 100 Prozent der Blumen in den Export gehen. Wir hingegen führen höchstens die Hälfte aus, der Rest wird in Indien verkauft. Es ist ungerecht, dass man uns dennoch genauso hohe Lizenzgebühren abverlangt."

Noch 2007 hatte sich die Branche darüber beschwert, dass die Bedürfnisse der Exporteure zu wenig beachtet würden. Kühlkettensysteme für den Transport, Erleichterungen bei internationalen Flügen und finanzielle Anreize waren vor etwa fünf Jahren die wichtigsten Anliegen des Sektors.

In jüngster Zeit lassen sich durchaus einige positive Entwicklungen feststellen. Ein gekühltes Blumenauktionszentrum in Bangalore wird von Kennern als eines des besten der Welt beschrieben. Außerdem gelangt die Ware rasch zum internationalen Flughafen der Stadt und wird dort zügig abgefertigt. "Zudem verfügen wir im eigenen Land über Pioniere der Gewächshaus-Technologie", freut sich Ramesh. "Und dank der finanziellen Anreize durch die Zentral- und Bundesstaatenregierungen können sich auch Kleinbauern Gewächshäuser leisten."


Nachhaltige Bewässerungsmethoden gefragt

Auf der Farm von Suvarna Florex in Bangalore zeigt Chowdary, wie Regenwasser in Aquädukten gesammelt und in mit Plastik ausgekleidete Rückhaltebecken geleitet wird. Dadurch sei man weniger abhängig vom Grundwasser, das durch Übernutzung und staatliche Fehlentscheidungen immer weiter abnehme, berichtet er und weist darauf hin, dass sich die Qualität des Wassers verschlechtert hat. Rosenzüchter seien aber auf sauberes Wasser angewiesen.

Für die Bewässerung von 25 Hektar Land, auf denen Rosen wachsen, sind jede Woche Millionen Liter Wasser erforderlich. Dem Regenwasser kommt deshalb eine wichtige Rolle zu. Die Wassermenge, die in einer Stunde niedergeht, reicht, um eine Fläche von 25 Hektar zwei Tage lang zu bewässern. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/07/indias-cut-rose-sector-pushes-past-barriers/

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IPS-Tagesdienst vom 22. Juli 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juli 2014