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AUSLAND/013: Anwaltsausnahmezustand in Pakistan (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 8. November 2007

Anwaltsausnahmezustand in Pakistan

Deutsche Anwaltschaft ist solidarisch und fordert Bundesregierung zum Handeln auf


Berlin (DAV). Anlässlich der gewaltsamen Verhaftungen zahlreicher friedlich demonstrierender Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Pakistan erklärt der Deutsche Anwaltverein (DAV) seine Solidarität mit den pakistanischen Anwältinnen und Anwälten. Die Bundesregierung wird aufgefordert, deutliche Kritik am Vorgehen der pakistanischen Regierung zu formulieren, rechtsstaatliche Prinzipien einzufordern und unverzüglich die Rüstungsexporte nach Pakistan zu stoppen.

Die Anwaltschaft in Pakistan wendet sich gegen die Verhängung des Ausnahmezustandes vom vergangenen Wochenende durch den pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf. Dieser hatte am vergangenen Samstag die Verfassung außer Kraft gesetzt, den obersten Richter des Landes ausgetauscht und die Parlamentswahl ausgesetzt. Dabei begründete er seine Entscheidung mit dem ausufernden Extremismus und einer lähmenden Einmischung der Justiz in die Regierungsarbeit. Dagegen demonstrierten an den vergangenen zwei Tagen friedlich Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Die pakistanischen Sicherheitsbehörden nahmen allein in der ostpakistanischen Stadt Lahore gestern von 2.000 demonstrierenden Juristinnen und Juristen ca. 250 fest. Zuvor setzte die Polizei Tränengas und Schlagstöcke ein. Berichte über Gewalt gegen die friedlichen Demonstranten gab es auch aus der Garnisonsstadt Rawalpindi. Auch in der Hauptstadt Islamabad werden Demonstrationen der Anwältinnen und Anwälte vor abgeriegelten Gerichtsgebäuden erwartet.

"Der DAV unterstützt die pakistanische Anwaltschaft bei der Ausübung ihres Grundrechts auf freie Meinungsäußerung und ihrem Kampf für Demokratie und Rechtsstaat", so Rechtsanwalt Hartmut Kilger, DAV-Präsident. "Offenbar wollte das Staatsoberhaupt in Pakistan einer Entscheidung des obersten Gerichts hinsichtlich seiner Funktion als Militärchef zuvorkommen" erläutert Kilger weiter. Es dürfe nicht sein, dass auf Anwälte, die gegen Regierungsmaßnahmen friedlich demonstrieren, eingeprügelt werde und diese festgenommen würden.

Der DAV hat an die pakistanische Anwaltschaft eine Solidaritätsadresse gerichtet und die internationalen Anwaltsorganisationen aufgefordert, für ihre pakistanischen Kolleginnen und Kollegen einzutreten.

In einem Schreiben an das Bundesministerium der Justiz, die Bundeskanzlerin, die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und den Bundesaußenminister fordert der DAV die Bundesregierung auf, ihre Solidarität mit der pakistanischen Anwaltschaft zu bekunden und eine deutliche Kritik am Vorgehen der pakistanischen Regierung zu formulieren. Die Regierung Deutschlands muss sich erklären, was sie dafür tue, das Justizsystem in Pakistan zu erhalten und die Anwaltschaft zu unterstützen. Darüber hinaus fordert der DAV einen sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte nach Pakistan.

Nach unbestätigten Angaben wurden fast 1.600 Oppositionspolitiker und Bürgerrechtler festgenommen oder unter Hausarrest gestellt. Die Ausstrahlung privater und ausländischer Nachrichtensender in den öffentlichen Kabelnetzen wurde von den Behörden bis auf weiteres unterbunden.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 39/07 vom 8. November 2007
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
Tel. 030/72 61 52-1 29, Fax 030/72 61 52-1 93
Internet: www.anwaltverein.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. November 2007