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DATENSCHUTZ/037: Reform der Nachrichtendienste - Anwaltverein kritisiert Pläne der Regierungskoalition (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 20. Oktober 2016

Reform der Nachrichtendienste: DAV kritisiert die Pläne der Regierungskoalition


Berlin (DAV). Anlässlich der morgigen Bundestags-Debatte über die Reform des Bundesnachrichtendienst-Gesetzes zeigt sich der Deutsche Anwaltverein (DAV) besorgt über die Pläne der Regierungskoalition. Die geplanten Änderungen im BND-Gesetz basieren zum Teil auf unhaltbaren Rechtsansichten und weiten die Befugnisse der Nachrichtendienste in wesentlichen Bereichen erheblich aus. Darüber hinaus sind die Änderungen nicht geeignet, die Kontrolle der Nachrichtendienste zu verbessern. Der DAV fordert daher weiterhin die Schaffung eines "Anwalts der Betroffenen" mit eigenen Klagerechten sowie einen besseren Schutz von Berufsgeheimnisträgern.

"Anstatt die Kontrolle der Nachrichtendienste auf immer mehr Gremien aufzuspalten, deren Befugnisse für eine effektive Kontrolle nicht ausreichen, sollte für alle nachrichtendienstlichen Tätigkeiten ein unabhängiger Anwalt der Betroffenen mit eigenem Klagerecht eingerichtet werden", fordert DAV-Präsident Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg.

Die vorhandenen Kontrollgremien haben sich in der Vergangenheit nicht als wirksam erwiesen, wie die Enthüllungen aus den NSA- und NSU-Untersuchungsausschüssen und der zuletzt bekannt gewordene Bericht der Bundesdatenschutzbeauftragten über Missstände beim Bundesnachrichtendienst gezeigt haben.

"Wer von heimlichen Überwachungsmaßnahmen durch die Nachrichtendienste betroffen ist, erfährt dies oftmals gar nicht erst und hat dann auch keine Möglichkeit, rechtlich dagegen vorzugehen. Eine effektive Kontrolle der Nachrichtendienste gebietet daher schon die Rechtsschutzgarantie aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes", so Schellenberg. Hier müssten die Gesetzesentwürfe der Bundesregierung also noch deutlich nachgebessert werden.

Stattdessen gehen die Entwürfe von der rechtlich unhaltbaren Annahme aus, dass der Telekommunikationsverkehr von Ausländern im Ausland nicht durch Artikel 10 des Grundgesetzes geschützt sei. Selbst der Präsident des BVerfG a. D. Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier hatte diese Ansicht in einem Gutachten zuletzt "in jeder Hinsicht und offenkundig als unhaltbar" bezeichnet.

In der Konsequenz werden dadurch auch die Beschränkungen durch das G-10-Gesetz umgangen. Dies gilt etwa für die Begrenzung der zulässigen Überwachung von Datenleitungen auf 20 Prozent, aber auch für den besonderen Schutz von Berufsgeheimnisträgern wie etwa Abgeordnete, Rechtsanwälte oder Journalisten. Eine Unterscheidung zwischen Auslands-Auslands- und Inlandsaufklärung ist aber nicht nur rechtlich, sondern auch rein technisch problematisch.

Der DAV fordert daher einen einheitlichen Schutz aller zeugnisverweigerungsberechtigten Berufsgeheimnisträger vor heimlicher Überwachung durch die Nachrichtendienste.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 30/16 vom 20. Oktober 2016
Deutscher Anwaltverein (DAV)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Oktober 2016

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