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MELDUNG/077: 68. Deutscher Juristentag - Gesetzliche Gebühren im Mandanten-Interesse (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 22. September 2010

Pressekonferenz anlässlich des 68. Deutschen Juristentages
Abteilung Berufsrecht

Gesetzliche Gebühren im Interesse der Mandanten


Berlin (DAV). Eine gesetzliche Vergütungsordnung, in Deutschland das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), ist nach Ansicht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) nach wie vor geboten. Gesetzliche Vergütungssätze schaffen Transparenz und sichern den Zugang zum Recht sowie die Qualität anwaltlicher Dienstleistungen. Ohne sie wäre anwaltlicher Rat für viele nicht bezahlbar. Allerdings muss der Gesetzgeber den Rahmen dafür schaffen, dass sich nicht immer mehr Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte aus der Abrechnung nach dem RVG verabschieden. Seit mittlerweile über 16 Jahren hat es keine Anpassung der Vergütungstabellen gegeben.

"Eine gesetzliche Vergütungsordnung ist im Allgemeininteresse unbedingt notwendig. Sie sichert den Zugang zum Recht für die Bürger", erläutert Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, Präsident des Deutschen Anwaltvereins, anlässlich des 68. Deutschen Juristentages in Berlin. Vergütungsordnungen sicherten Transparenz und böten den Mandanten Kalkulationssicherheit. Dies gelte auch für die Anbieter von Rechtsschutzversicherungen sowie für die sonstigen Beteiligten an einem Gerichtsverfahren. "Aufgrund der relativ guten Kalkulierbarkeit der möglichen Kosten der Rechtsverfolgung lässt sich das Prozesskostenrisiko besser vorhersehen, als es ohne eine staatliche Vergütungsregelung der Fall wäre", betont Ewer.

"Auch der europäische Vergleich spricht dafür", führt Ewer weiter aus. Es sei allgemein bekannt, dass in den europäischen Nachbarländern, in denen es keine gesetzlichen Gebührenregelungen gibt, das Preisniveau für Rechtsdienstleistungen in aller Regel deutlich höher ausfällt als dies in Deutschland der Fall ist. So seien anwaltliche Dienstleistungen in Großbritannien sehr viel teurer als in Deutschland. Ähnliches gelte auch für das als Muster häufig genannte Finnland. Dort gibt es keine staatlichen Gebührenregelungen.

Gesetzliche Gebühren schaffen Transparenz für die Nachfrageseite, insbesondere für den Verbraucher. Für die gerichtliche Tätigkeit von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten ist sie auch von besonderer Bedeutung: Der Verlierer trägt die Kosten des Rechtsstreits, dies allein setzt eine verbindliche Vergütungsordnung voraus.

Wissenschaftliche Untersuchungen im Jahre 2008 haben ergeben, dass 82 Prozent der Mandanten, die von ihrem Anwalt zu Beginn eine Kostenprognose erhielten, auch eine Rechnung gemäß den ursprünglichen Ankündigungen erhielten. Außerdem hielten 71 Prozent der Befragten, die ihre Anwaltskosten selbst finanzierten, die Anwaltsvergütung für angemessen (Untersuchung des Soldan Instituts für Anwaltsmanagement, Frühjahr 2008).

Allerdings betont der DAV, dass es nicht hinnehmbar sei, dass es seit über 16 Jahren keine Anpassung der linearen Gebührentabellen an die wirtschaftliche Entwicklung gegeben hat. Für viele Anwältinnen und Anwälte bietet daher das RVG keinen Rahmen mehr für ein angemessenes Auskommen. Hier darf der Gesetzgeber nach Ansicht des DAV nicht untätig bleiben. "Es wäre aus vielerlei Gründen ungünstig, wenn sich immer mehr Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte aus der Abrechnung nach dem RVG verabschieden", begründet dies Ewer. Eine solche Entwicklung hätte in vielfacher Hinsicht Folgen für den Zugang zum Recht.


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Quelle:
Pressemitteilung DJT 2/10 vom 22. September 2010
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. September 2010