Schattenblick →INFOPOOL →RECHT → FAKTEN

MELDUNG/351: Tag der bedrohten Anwältin / des bedrohten Anwalts 2015 (RAV)


Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V. - 21.01.2015

Tag der bedrohten Anwältin / des bedrohten Anwalts 2015

Der RAV ruft zu Kundgebungen vor der Botschaft der Republik der Philippinen in Berlin und vor dem Honorarkonsulat in Essen auf



Im Rahmen der Kundgebung wird eine gemeinsame Petition von europäischen Anwaltsorganisationen verlesen und an die Botschafterin der Philippinen übergeben. (Die Forderungen an die philippinische Regierung sind der Pressemitteilung unten zu entnehmen.)

Seit einigen Jahren rufen Anwaltsvereine in Europa dazu auf, den Tag des verfolgten Anwalts/der verfolgten Anwältin zu begehen. An jedem 24. Januar eines Jahres (in diesem Jahr bereits am 23.01.!) wird in vielen europäischen Städten zeitgleich mit Protestkundgebungen vor den jeweiligen Botschaften auf Kolleg_innen aufmerksam gemacht, die bei der Ausübung ihres Berufes besonders gefährdet sind oder dabei behindert werden. In diesem Jahr steht die Situation der philippinischen Kolleg_innen im Mittelpunkt. Es wird in 23 Städten in 11 europäischen Ländern und in Manila demonstriert.


Pressemitteilung, 23.01.2015

Tag der bedrohten Anwältin / des bedrohten Anwalts 2015
Anwältinnen und Anwälte auf den Philippinen in Todesgefahr


Überall in Europa protestieren Anwält*innen an diesem Tag, in Ankara, Athen, Barcelona, Berlin, Bern, Bilbao, Brüssel, Essen, Den Haag, Istanbul, Izmir, London, Madrid, Mailand, Paris, Rom, Wien. In diesem Jahr richtet der Tag der bedrohten Anwältin / des bedrohten Anwalts die Aufmerksamkeit auf die philippinischen Anwält*innen, die ermordet werden und die Todesdrohungen erhalten, weil sie die Rechte der Ärmsten verteidigen und sich mit Menschenrechtsverletzungen befassen.

41 Anwält*innen wurden seit 2001 getötet. 9 von ihnen (22 %) waren direkt mit Angelegenheiten von Menschenrechtsverletzungen betraut. Darüber hinaus wurden 57 Anwält*innen bedroht, belästigt, eingeschüchtert, überwacht, diffamiert oder auf andere Weise angegriffen. Darunter waren 43 (76 %) direkt in Menschenrechtsprozessen oder an Menschenrechtsaktivitäten beteiligt. 18 Richter*innen wurden seit 2001 ermordet. Soweit die Täter bekannt sind, handelte es sich in 65 % der Fälle um Militärangehörige und in 20 % um Polizisten. In mehr als der Hälfte der Fälle sind die Täter der Angriffe bis heute nicht bekannt.

Unter den Anwält*innen, die in der jüngsten Zeit getötet wurden befinden sich: Rudolfo Felicio, Noel D. Archival, John Mark Espera, Ian Vela Cruz, Jubian Achas, Sulpicio Landicho, Lazaro Gayo, Christobal Fernandez. (s.a. Basic Report on the human rights lawyers under continuing threat in the Philippines http://bit.ly/1yjaTha)

In der Vergangenheit wurde internationaler Druck auf die philippinische Regierung ausgeübt, damit die nötigen Schritte unternommen werden, um die Täter zu verfolgen, anzuklagen und den Zustand der Straflosigkeit zu beenden. Im letzten Jahr hat sich jedoch die Situation wieder verschlechtert. Die bestätigten Berichte über Tötungen und Angriffe auf philippinische Anwält*innen und auch Richter*innen belegen eine steigende Anzahl von Tötungen, Belästigungen und anderen Angriffen auf diese Berufsstände. Nur sehr selten wird ein Täter verhaftet, angeklagt und durch die Gerichte verurteilt. Die philippinische Regierung wird hierfür von vielen Seiten kritisiert.

Für die bedrohten Anwält*innen und ihren Familien, für die Opfer von Mordanschlägen und anderen Angriffen kann es nicht hingenommen werden, dass der Staat nicht seiner rechtsstaatlichen, menschenrechtlichen und ethischen Verpflichtung nachkommt und alle notwendigen Schritte unternimmt.

4 ½ Jahre nach dem 30. Juni 2010, dem Tag, an dem Benigno Aquino III als Nachfolger von Gloria Arroyo als Präsident sein Amt antrat, müssen wir zu der bedauernswerten Schlussfolgerung kommen, dass Präsident Aquinos Versprechen - extralegale Hinrichtungen und gewaltsames Verschwindenlassen nicht zu tolerieren sowie vorrangig die Justizreform und die Stärkung des Justizwesens voranzutreiben - offenbar leere Versprechen waren. Dies wird durch die erneuten Angriffe und Morde der letzten vier Jahre deutlich, denen auch Juristen und Juristinnen zum Opfer fielen. Lediglich nach der Ermordung des Richters Reynerio Estacio Senior am 28. Februar 2014 in dem Dorf Tugbungan wurde der mutmaßliche Schütze verhaftet. Richter Estacio hatte politisch sensible Prozesse geführt, auch gegen Polizist*innen und Politiker*innen.

Drei europäische Juristenorganisationen, die Europäischen Demokratischen Anwälte (EDA), die Europäische Vereinigung von Jurist*innen für Demokratie und Menschenrechte (EJDM) und das Europäische Menschenrechtsinstitut der Anwaltskammern (IDHAE), die gemeinsam Jurist*innen in ganz Europa repräsentieren, haben daher beschlossen, größere öffentliche Aufmerksamkeit auf die schwierige Lage von Jurist*innen auf den Philippinen am Tag der bedrohten Anwältin / des bedrohten Anwalts zu lenken. In zahlreichen europäischen Ländern werden deswegen Anwält*innen vor Philippinischen Botschaften, Konsulaten oder anderen Einrichtungen protestieren.

Der Tag der bedrohten Anwältin / des bedrohten Anwalts wurde erstmals 2010 für die iranischen Anwält*innen begangen. Das Datum 24. Januar wurde in Erinnerung an die Ermordung von 4 Gewerkschaftsjurist*innen und eine Angestellte 1977 in der Atocha Straße in Madrid (Massaker von Atocha) gewählt. Dies war die Zeit des Übergangs nach dem Tod des spanischen Diktators Franco (in 1975). Die verhafteten Täter hatten enge Kontakte zu extrem rechten Parteien und Organisationen.

EDA, EJDM und IDHAE verurteilen aufs schärfste die oben genannten Verbrechen gegen Anwält*innen und fordern von der philippinischen Regierung

  • angemessene Maßnahmen, um die Sicherheit von Anwält*innen und anderen Jurist*innen zu garantieren, wie dies in den UN Grundprinzipien betreffend die Rolle der Rechtsanwält*innen vorgesehen ist,
  • öffentlich die Arbeit von Menschenrechtsverteidiger*innen einschließlich Anwält*innen anzuerkennen,
  • Maßnahmen gegen Beamt*innen und Politiker*innen zu treffen, welche diese diffamieren,
  • die vom Staat tolerierte Straflosigkeit derer zu beenden, die Menschenrechte verletzen,
  • die sofortige Entlassung aller Anwält*innen, die aufgrund der Wahrnehmung ihrer beruflichen Aufgaben Strafverfolgungsmaßnahmen, Verhaftungen und Gefängnisstrafen ausgesetzt sind.

Sie fordern weiterhin eine internationale unabhängige Untersuchung der oben aufgezählten Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen mit dem Ziel, die dafür Verantwortlichen gerichtlich zur Rechenschaft zu ziehen.

Organisiert von:
Europäische Demokratische Anwälte (EDA), Rue Albert Ier, 236, 6240 Farciennes, Belgium,
http://www.aeud.org/
European Association of Lawyers for Democracy and World Human Rights (ELDH), Platanenstrasse 13, 40233 - Düsseldorf, Germany,
www.eldh.eu
Institut des droits de l'homme des avocats europeens (IDHAE), 4-6, rue de la Boucherie, L - 2012 Luxembourg,
idhae@idhae.org

Unterstützt von:
International Association of Democratic Lawyers (IADL),
www.iadllaw.org
National Union of Peoples' Lawyers (NUPL) in the Philippines,
www.nupl.net/
Lawyers for Lawyers in Holland,
www.advocatenvooradvocaten.nl
Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V.,
www.vdj.de
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V.,
www.rav.de
Rechtsanwaltskammer Berlin,
www.rak-berlin.de

*

Quelle:
Pressemitteilung vom 21. Januar 2015
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Straße 4 | 10405 Berlin
Telefon +49 (0)30 417 235 55 | Fax +49 (0)30 417 235 57
E-Mail: kontakt@rav.de
Internet: www.rav.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2015


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang