Schattenblick → INFOPOOL → RECHT → FAKTEN


MELDUNG/545: Bundesverfassungsgericht verhandelt diese Woche Beamtenstreikrecht (ver.di)


ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - Presseinformation vom 16. Januar 2018

Bundesverfassungsgericht verhandelt diese Woche Beamtenstreikrecht: ver.di erwartet Stärkung der Koalitionsfreiheit


Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) erwartet vom Verfahren des Bundesverfassungsgerichts zum Beamtenstreikrecht eine Stärkung der Koalitionsfreiheit. Anlässlich der morgigen mündlichen Verhandlung in Karlsruhe erklärte ver.di-Vorstandsmitglied Wolfgang Pieper: "Bisher wird Beamtinnen und Beamten die volle Koalitionsfreiheit vorenthalten. Besoldung und Arbeitszeit werden weder verhandelt noch vereinbart und die Beamtinnen und Beamten dürfen auch nicht streiken. Wir erwarten eine Klärung, ob das Grund- und Menschenrecht der Koalitionsfreiheit für Beamtinnen und Beamte beschränkt werden darf oder nicht." Beschränkungen elementarer Grundrechte wie der Koalitionsfreiheit seien in einem demokratischen und sozialen Rechtsstaat nicht hinnehmbar. Beamtinnen und Beamte seien nicht mehr obrigkeitshörige Staatsdiener wie noch vor 100 Jahren, sondern mündige Bürger, die ihre Aufgaben ebenso verantwortungsbewusst wahrnehmen, wie ihre Grundrechte, so Pieper.

Dagegen sähen die Befürworter des Streikverbots in der Beschränkung von Beamtinnen und Beamten keine Verletzung der Grund- und Menschenrechte und im Beamtenstreik einen Widerspruch zu den Dienst- und Treuepflichten sowie eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Staates. Dazu Pieper: "Wenn Beamtinnen und Beamte streiken dürfen, wenden sie sich damit weder gegen den Staat noch gegen die Bürgerinnen und Bürger. Sie treten für ihre Einkommens- und Beschäftigungsbedingungen ein, wie dies jede und jeder andere auch tun darf. Ihre Treue zur Verfassung wird dadurch nicht in Frage gestellt, weil die Koalitionsfreiheit durch das Grundgesetz selbst gewährt wird." Wolfgang Pieper verwies darauf, dass den rund 2,9 Millionen Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst das Streikrecht uneingeschränkt zustehe. "Wenn die Beschäftigten in Kitas, bei Ver- und Entsorgung oder in der Kommunalverwaltung streiken, bricht weder der Staat zusammen, noch nehmen die Menschen schaden", erklärte er.

"Das wäre nicht anders, wenn in Finanzämtern oder in Ministerien gestreikt würde." Über Notdienstvereinbarungen würden wichtige Leistungen der Daseinsvorsorge aufrechterhalten." Flächendeckende und andauernde Streiks seien ohnehin das letzte Mittel in einem Arbeitskampf. Pieper wies darauf hin, dass damit kein Privileg geschaffen würde: "Seit 2002 haben die Gesetzgeber in Bund und Ländern teilweise massiv in der Beamtenbesoldung gekürzt. Die so genannten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums haben dagegen nur unzureichenden Schutz geboten. Die Koalitionsfreiheit bietet Durchsetzungsrechte, mit denen die Beamtinnen und Beamten sich dagegen aktiv zu Wehr setzen könnten."

In ver.di sind nicht nur Tarifbeschäftigte, sondern auch rund 130.000 Beamtinnen und Beamte aus allen Verwaltungsbereichen des öffentlichen Dienstes, der Post, der Telekom und der Postbank organisiert. In Bund, Ländern und Kommunen sowie bei den privatisierten Unternehmen sind mehr als 1,7 Millionen Beamtinnen und Beamte tätig.

*

Quelle:
Presseinformation vom 16.01.2018
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Daniela Milutin - ver.di-Bundesvorstand
Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin
Telefon: 030/6956-1011 und -1012, Fax: 030/6956-3001
E-Mail: pressestelle@verdi.de
Internet: www.verdi.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Januar 2018

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang