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STELLUNGNAHME/074: Aktionsschwarzfahrer-Freispruch vor dem Revisiongericht (Projektwerkstatt Saasen)


Projektwerkstatt Saasen - Presseinformation vom 20.03.2019

12. April 2019, 10 Uhr am OLG München:
Aktionsschwarzfahrer-Freispruch vor dem Revisiongericht


Fast genau auf den Tag ein Jahr nach dem Freispruch für einen Aktionsschwarzfahrer vor dem Landgericht München steht das Urteil auf dem Prüfstand. Am Freitag, den 12. April, will das Oberlandesgericht München (10 Uhr, Nymphenburger Str. 16, Saal A 22) über den Revisionsantrag der Staatsanwaltschaft verhandeln. Dabei folgte der Freispruch vom Vorwurf der "Erschleichung" damals logisch auf die Feststellungen in der Beweisaufnahme. Schließlich war die angeklagte Handlung Teil einer bundesweit angekündigten Demonstration für den Nulltarif und gegen die Kriminalisierung des Schwarzfahrens. Der sogenannte "Täter" war gemeinsam mit vier anderen Beteiligten sowie umgehängten Schildern, Transparenten und Flyern in den Zügen unterwegs. Von "Erschleichen", wie es der Strafparagraph erfordert, konnte also keine Rede sein.

Trotzdem legte die Staatsanwaltschaft Revision ein will das Urteil auf Oberlandesgerichtsebene kippen. Das Argument jedoch wirkt hilflos. So behauptet die Staatsanwaltschaft, dass eine Beförderung bzw. Reise schon mit dem Betreten der Bahn und nicht erst mit der Abfahrt des Zuges beginnen würde. Die Verteidigung des Angeklagten wird dem Oberlandesgericht die offiziellen Definitionen der beiden Begriffe vorlegen, die ausnahmslos und überall die tatsächliche Fortbewegung zum Inhalt haben. Zudem würde ein Erfolg der Staatsanwaltschaft absurde Verhältnisse im öffentlichen Personenverkehr schaffen. Denn beginge jede*r eine Straftat, die*der zu einem Fahrkartenautomaten oder mit der noch unberührten Fahrkarte zum Abstempler in der Bahn schreitet, ein Massendelikt wäre geboren. Auch der freundliche Helfer, der einer gehandicapten Person den Koffer ins Abteil trägt, wäre plötzlich ein Straftäter.

"Wir setzen auf Sieg - und hoffen, dass dann viele Menschen mit uns für eine echte Verkehrswende mit Nulltarif kämpfen", hoffen die damaligen Aktivisten der dem Verfahren zugrundeliegenden Aktionsschwarzfahrt vom 2. März 2015 gemeinsam. "Wir fordern eine Abkehr vom Fahrkartenwesen. Mobilität ist Menschenrecht", stand damals auf ihren Flyern, und: "Nulltarif kann es in jeder Stadt oder Region geben - wenn Ihr Euch dafür engagiert!"

Der Termin am Oberlandesgericht ist öffentlich.

Infoseite der Aktionsschwarzfahrer*innen:
www.schwarzstrafen.tk

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Quelle:
Projektwerkstatt Saasen
Ludwigstr. 11, 35447 Reiskirchen-Saasen
E-Mail: saasen@projektwerkstatt.de
www.projektwerkstatt.de/saasen


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. April 2019

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