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KORRESPONDENZEN/016: Frage zur Glyphosat-Resistenz - 2 (SB)


Nachfrage zum Schattenblick-Beitrag GENTECHNIK/274: Glyphosat- Resistenz breitet sich aus (SB)


Sehr geehrte Schattenblick-Redaktion,

ganz herzlichen Dank für Ihre Antwort auf meinen Leserbrief vom 21.7., über die ich mich sehr gefreut habe. Um auch noch meinen allerletzten Rest an Unklarheit aus dem Wege zu räumen, fasse ich zusammen und bitte Sie um kurze Bestätigung, ob meine Schlussfolgerungen so richtig sind:

1. Im konventionellen Anbau von Baumwolle, Sojabohnen, Raps und Mais werden also nicht oder nicht zwingend Totalherbizide auf Glyphosat- oder Glufosinat-Basis eingesetzt, sondern auch andere Herbizide.

2. Außerdem werden im konventionellen Anbau je nach Pflanzenart jeweils andere Herbizide eingesetzt, so dass aufgrund der Fruchtfolge jedes Jahr ein anderes Herbizid zum Einsatz kommt.

Diese Gründe führen dazu, dass im konventionellen Anbau Resistenzentwicklungen nicht so häufig sind wie im Anbau gentechnisch manipulierter Pflanzen.

Stimmt das so?

Ich danke Ihnen vielmals und sende herzliche Grüße

Kristina Peter

P.S. Ich finde Ihre Methode der Leserbrief-Beantwortung ganz hervorragend!!


*


Sehr geehrte Frau Peter,

zunächst einmal möchten wir Sie auf eine verbreitete definitorische Ungenauigkeit aufmerksam machen. Genau genommen zählt auch der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zu den konventionellen Anbaumethoden und ist diesen nicht gegenübergestellt. Wohingegen der biologische Anbau als nicht-konventionell zu bezeichnen wäre.

Nun aber zu Ihrer ersten Schlußfolgerung: Ja, im nicht-gentechnisch unterstützten Anbau werden auch andere Herbizide eingesetzt. Hier werden Totalherbizide wie Glyphosat oder Glufosinat, wenn überhaupt, typischerweise vor der Aussaat verwendet, um Felder komplett von jeglichem Bewuchs zu befreien. Sobald aber die erwünschten Nutzpflanzen heranwachsen, können nur noch selektive Herbizide oder bestenfalls Breitbandherbizide aufgebracht werden. Im Unterschied dazu können in der Grünen Gentechnik auch zu einem späteren Zeitpunkt noch Totalherbizide eingesetzt werden, weil die Gentech-Pflanzen so verändert wurden, daß sie ihnen gegenüber resistent sind.

Zu Ihrer zweiten Schlußfolgerung: Letztlich liegt es selbstverständlich in der Hand jedes einzelnen Landwirts, für welche Fruchtfolge und für welche Herbizide er sich entscheidet. Genauso wie es vorkommen kann, daß ein Landwirt stets Herbizide aus der gleichen Wirkstoffgruppe einsetzt, gibt es die Möglichkeit, daß er regelmäßig zwischen den Wirkstoffengruppen wechselt. Jeder Landwirt muß abwägen, zu welchem Zeitpunkt er welches Herbizid bei welcher Nutzpflanze verwendet.

Nun besteht das Vermarktungskonzept der Grünen Gentechnik darin, daß Saatgut und Herbizid im Gesamtpaket vertrieben werden. Ein Käufer wird es also allein schon aus Kostengründen vermeiden wollen, weitere Herbizide als die bereits erworbenen - in der Regel Roundup (Glyphosat) oder Basta bzw. Liberty (Glufosinat) - einzusetzen. Diese Totalherbizide werden praktisch überall dort verwendet, wo gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden.

Generell läßt sich feststellen, daß eine Herbizidresistenz im Wildwuchs durch verschiedene Anbaufaktoren begünstigt wird, und dabei spielt es keine Rolle, ob das verwendete Saatgut gentechnisch verändert ist oder nicht. Wichtige Faktoren sind:

- Große Anbauflächen (das erhöht die Wahrscheinlichkeit, daß ein Unkraut herbizidresistent wird);

- Monokulturanbau (Da gentechnisch veränderte Pflanzen tendenziell eher in Monokultur angebaut werden, wäre hier folglich mit einer häufigeren Resistenzbildung zu rechnen);

- Verwendung von Herbiziden aus der gleichen oder einer ähnlichen Wirkstoffgruppe (was selbst bei Fruchtfolge vorkommen kann und den Selektionsdruck auf den Wildwuchs erhöht);

- Mehrmaliger Einsatz des gleichen Herbizids innerhalb einer Saison (Ein typisches Beispiel für die Grüne Gentechnik wäre, daß ein Landwirt einmal vor der Aussaat und ein zweites Mal kurz vor der Ernte Herbizide ausbringt);

- Kein Aufbrechen des Bodens, was typisch für die Grüne Gentechnik ist. (Beim Aufbrechen hingegen können Samen in tiefere Erdbereiche gelangen, was je nach Pflanzenart das Keimen verhindert.)

Diese kleine Zusammenstellung zeigt, daß wir dem möglichen Wunsch nach einer pauschalen Aussage nicht entsprechen können, zumal nicht einmal die typischen "Gentech-Herbizide" über einen Kamm geschoren werden sollten. So hat zum Beispiel der Anbau von gentechnisch verändertem Raps in Kanada gezeigt, daß Glyphosat frühzeitig zu Resistenzen führte, Glufosinat hingegen nicht. Und was den nicht-gentechnisch unterstützten Anbau betrifft, so hat das auch bei deutschen Landwirten beliebte Spritzmittel Isoproturon zu deutlich vermehrten Resistenzen des Wildwuchses geführt. Im übrigen sollte bedacht werden, daß ein Teil der Gentech-Pflanzen, wenngleich ein kleiner, nicht herbizidresistent gemacht wurde, was bedeutet, daß bei ihnen keine Totalherbizide wie Glyphosat eingesetzt werden können, sobald die Pflanze ihr erstes Grün zeigt.

Wenn wir in unserem ursprünglichen Beitrag als Schlußfolgerung zu einem konkreten Beispiel für Resistenzbildung von Palmer Amaranth unter Gentech-Baumwolle in den USA festgestellt haben, daß bei der weltweit zunehmenden Ausbreitung dieses Anbaus auch mit einer wachsenden Resistenzbildung zu rechnen ist, dann haben wir damit keinesfalls das Resistenzproblem des sogenannten konventionellen Anbaus geleugnet. Darauf hatten wir bereits im Einleitungssatz des besagten Beitrags deutlich hingewiesen: "Eine Binsenweisheit der Landwirte lautet, daß die wiederholte Verwendung des gleichen Herbizids über kurz oder lang Resistenzen hervorbringt."

Bei vielen Wirkungsmechanismen unter den Herbiziden (ACCase Hemmer, ALS Hemmer, Dinitroaniline, Triazine, Synthetische Auxine, Harnstoffherbizide, Bipyridyline) wurde ab der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts eine teils sehr starke Zunahme von Herbizidresistenzen (Triazine) beobachtet. Die zunehmende Verwendung von gentechnisch verändertem Saatgut ist zumindest ein Teil des Problems. Jedoch um so klarer wird, je wenig wir einer Lösung oder Antwort dieses Problems sicher sind, um so wichtiger scheint uns ein intensives Nachdenken, Forschen und mithin eine engagierte Debatte zu sein.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihre SB-Redaktion

26. Juli 2009