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EDITORIAL/027: Kehrwert (SB)


Wochendruckausgabe 27 der Elektronischen Zeitung Schattenblick zum 21.01.2017


Aufgeschlagene Schattenblick-Zeitung in den Händen eines Lesers - Foto: © 2013 by Schattenblick

Foto: © 2013 by Schattenblick


Kehrwert

Deutsche Soldaten werden in einem weltweiten Krieg gegen unterschiedliche Staaten, Völker und Systeme sukzessive über den Erdball verteilt, einem Krieg, den die Vereinigten Staaten jedem, der nicht mit ihnen kooperiert, erklärt haben gegen einen Feind, der willkürlich und beliebig adressiert werden kann. Die Neuordnung der Welt bekommt ihr militär- und sicherheitspolitisches Gesicht.

Kaum nennenswert dagegen die Gegner dieses Krieges, nur allzuwenig publiziert ihre Argumente. Auch auf der Straße und an den traditionellen Plätzen finden sich nicht mehr die friedensbewegten Massen früherer Tage zu eindrucksvollen Demonstrationen und Aktionen zusammen. Wer bei verstreuten Veranstaltungen auf die wenigen Überreste noch immer überzeugter Kriegsgegner diese nach ihrer politischen und gesellschaftlichen Relevanz fragt, trifft auf resigniertes Achselzucken und skeptische Ernüchterung. Wer sollte es schon wagen, gegen die Anti-Terrorkampagne zu sein, oder wer wäre in der heutigen Zeit nicht schnell in der Lage, auch gerade wegen friedensbewegter Überzeugungen oder antiimperialistischer Positionen nicht die absurdesten und irrationalsten Verdächtigungen auf sich zu ziehen?

Doch die Gerechtigkeit hat ihren eigenen Kehrwert.

Noch mehr zu unterdrücken, zu unterwerfen, zu kontrollieren, zu sichern und zu legalisieren durch jene Kräfte und Mächte, die das schon immer taten, ist der mutlosen und mit kraftzehrenden Überlebensproblemen befrachteten Welt nur allzu widerstandslos und leicht mit einer pseudoreligiösen Mission, nämlich der Jagd auf den Terror, unschwer aufzuzwingen. Die Frage, wie etwas als Terror bezeichnet werden sollte, wenn es gejagt und gerichtet werden kann, bleibt dabei allerdings unbeantwortet.

Es gibt so viele Fragen, denen der Schattenblick engagiert und entschieden nachgehen will, um ihnen Platz und Entfaltung im Denken und Fühlen eines jeden daran interessierten Menschen zu verschaffen und nicht nur die Erinnerung, sondern auch die Praxis menschlichen Mutes, Tatendrangs, menschlichen Erfindungsreichtums und menschlicher Widerstandskraft wachzurufen und zu unterstützen.

Denn wir wollen nicht an bessere Sicherheitsvorkehrungen, größere Kontrolle und eine zunehmende Einschränkung der Bürgerrechte glauben, sondern an den Menschen.

Redaktion Schattenblick


20. Januar 2017


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