Wochendruckausgabe 99 der Elektronischen Zeitung Schattenblick zum 18.08.2018
Schwafeln auf hohem Niveau
Auch Bücher haben ein Alter, und wie die Menschen verändern sie sich mit ihm. In diesem Frühjahr haben die "Minima Moralia" von Theodor W. Adorno ihren fünfzigsten Geburtstag. Zwischen 1944 und 1947 - nach der gemeinsam mit Max Horkheimer verfassten "Dialektik der Aufklärung" - im kalifornischen Exil entstanden, ist diese Sammlung von 153 "Reflexionen aus dem beschädigten Leben" bis heute Adornos populärstes Buch geblieben. Mit einer Auflage von gut 100.000 Exemplaren führt es wie kein anderes die theoretische Befähigung und die künstlerische Begabung dieses Philosophen vor. [1]
In Folge viel zitiert und aufs kürzeste mit dem Anschein der Verstehbarkeit versehen und dem Ruch des intellektuellen Nutzens gefärbt, läßt sich gleichwohl an kaum einem anderen pseudodialektischen Sprachgebrauch als dem aus der Minima Moralia nur zu häufig zitierten Satz von Theodor W. Adorno "Es gibt kein richtiges Leben im falschen" darlegen, aus welchen waghalsigen Versteifungen und Brüchen sich eine oft soziologisch determinierte Spekulation zusammenzusetzen wußte.
Dem möglicherweise anschwellenden Protest adornistischer Besserwisserei, der Autor dieser Zeilen sei im wesentlichen unverständig, wäre die Feststellung entgegenzuhalten, daß es kein richtiges Verstehen im falschen gibt.
Ihre Schattenblick-Redaktion
Anmerkung:
[1] aus: Zeit online vom 03.05.2001, Philosophie, Martin Seel: Das
Richtige im Falschen
https://www.zeit.de/2001/19/200119_ka-philo-.xml
17. August 2018
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