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KIRCHE/1314: Zollitsch ermutigt beim Katholikentagsabschluss zu dynamischer und lebendiger Kirche (DBK)


Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 20.05.2012

"Wir Christen sind Menschen des Aufbruchs"

Erzbischof Zollitsch ermutigt beim Abschluss des Katholikentags zu dynamischer und lebendiger Kirche



Mit einem Appell zu einem mutigen Blick nach vorne ist heute in Mannheim der 98. Deutsche Katholikentag zu Ende gegangen. In seiner Abschlusspredigt vor dem Mannheimer Schloss forderte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, die Gläubigen auf, das Leitwort des Katholikentags, "Einen neuen Aufbruch wagen", mit in den Alltag zu nehmen. Der Aufbruch des Menschen sei immer von Gott geschenkt: "Gott bricht auf zu uns, er wird unser Retter und schenkt uns neues Leben! Diese Hoffnung dürfen wir nicht für uns behalten! Sie drängt uns dazu, selbst aufzubrechen und diese frohe Botschaft in die Welt zu tragen! Deshalb sind wir Christen Menschen des Aufbruchs", sagte Zollitsch.

Die Tage von Mannheim hätten das Bild einer frohen und gestärkten Kirche gezeigt. Die Teilnehmer des Katholikentags sind "hierher gekommen und haben gezeigt, dass Kirche lebendig und dynamisch ist, dass von uns Christen ein Aufbruch ausgeht, den unsere Welt und unsere Kirche benötigen", so Erzbischof Zollitsch in seiner Predigt. Einen neuen Aufbruch zu wagen heiße für die Christen mehr, "als einfach nur noch einmal anzufangen, sich Mut zuzusprechen und nochmals einen Anlauf zu unternehmen. Es ist nicht der verzweifelte Versuch, den ein Verein zu unternehmen hat, der in der Tabelle am unteren Ende zu finden ist oder eine Partei, die aus ihren schlechten Umfragewerten nicht heraus kommt. Aufzubrechen gehört für uns Christen zum Grund unseres Daseins."

In der Abschlussmesse betonte Erzbischof Zollitsch, dass Aufbruch auch immer etwas mit Wagnis zu tun habe. Dabei gelte es, sich auch auf Unvorhergesehenes einzustellen. "Neu aufzubrechen, ist damit ein Protest gegen jegliche Versicherungsmentalität, die sich in unserer Gesellschaft, aber auch in der Kirche, nur allzu gerne breit macht. Ja, es braucht den Mut, sich auf neue Wege einzulassen und nach vorne zu gehen. Wir haben allen Grund, dieses Wagnis einzugehen. Es liegt nicht allein an uns und unseren Kräften, ob dieser Aufbruch gelingt. Wir können dieses Wagnis eingehen, weil Gott selbst zuerst zu uns Menschen aufbricht. Er kommt in unsere Welt, bricht auf, herein in unseren Alltag." Aufbruch im Geiste Gottes bedeute, sich von Gott aufbrechen zu lassen. "Wer sich auf Gott einlässt, der wird schnell erkennen, dass dadurch sein Leben neu wird. Das ist der Weg, der uns Christen auszeichnet. Ein Weg, der Maß nimmt an Jesu Leben und Handeln." Erzbischof Zollitsch weiter: "Aus diesem Geist heraus setzen wir uns für andere ein. Dieser Geist Gottes ist es, der uns Christen von Innen her aufbrechen will, damit wir mit seiner Kraft das Evangelium in unseren Tagen, in unserem Land mit neuer Freude verkünden. Dieser Geist Gottes ist es, der uns dazu in den Dialog führt, um im Hören aufeinander und im gemeinsamen Hören auf Gott die Schritte zu finden, die es zu gehen gilt. Glaube lebt vom Miteinander: das ist die Erfahrung, die wir hier in Mannheim machen durften."

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Es gilt das gesprochene Wort!

Predigt des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, beim Abschlussgottesdienst zum 98. Deutschen Katholikentag am 20. Mai 2012 in Mannheim

"Gott bricht auf"

Lesungen: Apg 1,15-17.20a.c-26; 1 Joh 4,11-16
Evangelium: Joh 17,6a.11b-19


Liebe Schwestern, liebe Brüder in der Gemeinschaft des Glaubens!

"Einen neuen Aufbruch wagen", unter diesem Leitwort haben wir uns in den vergangenen Tagen in Mannheim versammelt. Aus ganz Deutschland und darüber hinaus sind Sie hierher gekommen und haben gezeigt, dass Kirche lebendig und dynamisch ist, dass von uns Christen ein Aufbruch ausgeht, den unsere Welt und unsere Kirche benötigen! Von den ersten Tagen des Christentums an gehört der Aufbruch zu unserem Glauben. Wer die freudige Nachricht erfahren hat, dass das Leben den Tod besiegt, der kann dies nicht für sich behalten, der bricht auf! Die Jünger von Emmaus eilen noch in derselben Nacht nach Jerusalem zurück. Die Apostel brechen nach Pfingsten auf in die ganze Welt. Es gehört zur Dynamik der ersten Christen, dass sie ihren beschaulichen Ort verlassen, um das Evangelium hinauszutragen!

"Einen neuen Aufbruch wagen", das heißt für uns Christen deshalb mehr, als einfach nur noch einmal anzufangen, sich Mut zuzusprechen und nochmals einen Anlauf zu unternehmen. Es ist nicht der verzweifelte Versuch, den ein Verein zu unternehmen hat, der in der Tabelle am unteren Ende zu finden ist oder eine Partei, die aus ihren schlechten Umfragewerten nicht herauskommt.

Aufzubrechen gehört für uns Christen zum Grund unseres Daseins. Wir könnten uns heute nicht Christen nennen, wenn nicht von Beginn an Menschen, die für Jesus Christus gebrannt haben, vom Geist Gottes beseelt, den Glauben zu den Menschen getragen hätten.

Zugleich gilt auch: Aufbruch hat immer mit Wagnis zu tun. Es ist ungewiss, was kommen wird. Wer sein gewärmtes Nest verlässt, der muss sich auf Unvorhergesehenes einstellen. Neu aufzubrechen ist damit ein Protest gegen jegliche Versicherungsmentalität, die sich in unserer Gesellschaft, aber auch in der Kirche, nur allzu gerne breit macht. Ja, es braucht den Mut, sich auf neue Wege einzulassen und nach vorne zu gehen!

Wir haben allen Grund, dieses Wagnis einzugehen! Es liegt nicht allein an uns und unseren Kräften, ob dieser Aufbruch gelingt! Wir können dieses Wagnis eingehen, weil Gott selbst zuerst zu uns Menschen aufbricht! Er kommt in unsere Welt, bricht auf, herein in unseren Alltag. In der Lesung aus dem ersten Johannesbrief haben wir es beinahe beiläufig gehört: "Wir haben gesehen und bezeugt, dass der Vater den Sohn gesandt hat, als Retter der Welt" (1 Joh 4,11-16). Diese Worte klingen uns fast zu vertraut, um die Sprengkraft zu erkennen, die in ihnen enthalten ist. Gott ist nicht der ferne Thronende, dem allein daran liegt, angebetet zu werden. Er ist der Gott, der sich in unsere Welt hineinbegibt, um sie von innen her zu verwandeln und damit zu retten.

Er nimmt eine neue Perspektive ein, damit wir Menschen eine neue Perspektive erhalten! Gott bricht auf zu uns, er wird unser Retter und schenkt uns neues Leben! Diese Hoffnung dürfen wir nicht für uns behalten! Sie drängt uns dazu, selbst aufzubrechen und diese frohe Botschaft in die Welt zu tragen! Deshalb sind wir Christen Menschen des Aufbruchs. Wir haben der Welt eine befreiende Botschaft zu geben, die sie sich selbst nicht geben kann: Habt keine Angst, nach vorne zu gehen! Ich begleite Euch! Euer Leben hat einen Sinn; jeder und jede von Euch ist geliebt und getragen! Auch wenn wir immer wieder erleben müssen, dass es Leid und Not gibt; dass um uns herum Streit herrscht, ja Völker und Nationen miteinander in kriegerischen Auseinandersetzungen stehen, dann wissen wir auch: all dies hat nicht das letzte Wort! Das Leben siegt und ist stärker als der Tod. Diese Hoffnung dürfen wir der Welt nicht vorenthalten!

Und auch das Versagen, das wir in uns selbst nur allzu oft wahrnehmen müssen, wo wir manches Mal von uns selbst enttäuscht sind, braucht uns nicht verzweifeln zu lassen. Wir können es durch die verzeihende und verändernde Kraft der Liebe Gottes überwinden und zurücklassen. Denn Gottes Aufbruch zu uns Menschen erschöpft sich nicht mit der einmaligen Menschwerdung seines Sohnes. "Er hat uns von seinem Geist gegeben" (1 Joh 4,13), wie uns der Text der Lesung bezeugt und wie wir im Alltag immer wieder feststellen dürfen.

Aus dieser Kraft, dass Gott in unsere Welt aufbricht, dass er unsere Schwachheit stärkt, dürfen wir aufbrechen. Papst Benedikt hat uns bei der Vigilfeier in Freiburg vor einem dreiviertel Jahr gesagt: "Christus achtet nicht so sehr darauf, wie oft wir im Leben straucheln, sondern wie oft wir mit seiner Hilfe wieder aufstehen." Ja, mit Gottes Hilfe dürfen wir stets neu aufbrechen - gerade dann, wenn wir müde geworden sind und vielleicht aus eigener Kraft nicht mehr weiterwissen.

Es ist sogar entscheidend, dass wir nicht meinen, aus uns selbst allein aufbrechen zu können und alles selbst besser zu wissen und zu können. Dann würden wir schnell zur Partei, zu Personen, die danach schauen, Positionen durchzusetzen und Koalitionen zu schließen. Aufbruch im Geiste Gottes heißt jedoch, uns von Gott selbst aufbrechen zu lassen! Wer sich auf Gott einlässt, der wird schnell erkennen, dass dadurch sein Leben neu wird. Das ist der Weg, der uns Christen auszeichnet. Ein Weg, der Maß nimmt an Jesu Leben und Handeln. "Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm" (1 Joh 4,16). Von Anfang an ist dies das Markenzeichen für uns Christen. Diesem Anspruch haben wir uns zu stellen und dazu sind wir gerne bereit. Aus diesem Geist heraus setzen wir uns für andere ein. Dieser Geist Gottes ist es, der uns Christen von Innen her aufbrechen will, damit wir mit seiner Kraft das Evangelium in unseren Tagen, in unserem Land mit neuer Freude verkünden. Dieser Geist Gottes ist es, der uns dazu in den Dialog führt, um im Hören aufeinander und im gemeinsamen Hören auf Gott die Schritte zu finden, die es zu gehen gilt. Glaube lebt vom Miteinander: das ist die Erfahrung, die wir hier in Mannheim machen durften! Wie befreiend und bunt war in den vergangenen Tagen unsere Gemeinschaft! In ihr sind wir verbunden mit der weltweiten Kirche, den Gläubigen in Südamerika oder Afrika, wie auch mit unserem Papst Benedikt in Rom! Gemeinsam bezeugen wir die Schönheit des Glaubens, die ausstrahlen will in unseren Alltag hinein, in die Beziehungen, in denen wir stehen. Dazu dürfen wir gestärkt und ermutigt "Einen neuen Aufbruch wagen", denn wir haben der Welt etwas zu geben, das sie sich nicht selbst zusprechen kann!


Die Deutsche Bischofskonferenz ist ein Zusammenschluss der katholischen Bischöfe aller Diözesen in Deutschland. Derzeit gehören ihr 68 Mitglieder (Stand: Mai 2012) aus den 27 deutschen Diözesen an. Sie wurde eingerichtet zur Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben, zu gegenseitiger Beratung, zur Koordinierung der kirchlichen Arbeit, zum gemeinsamen Erlass von Entscheidungen sowie zur Kontaktpflege zu anderen Bischofskonferenzen. Oberstes Gremium der Deutschen Bischofskonferenz ist die Vollversammlung aller Bischöfe, die regelmäßig im Frühjahr und Herbst für mehrere Tage zusammentrifft.

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Quelle:
Pressemitteilungen Nr. 085 und 085a vom 20. Mai 2012
Herausgeber: P. Dr. Hans Langendörfer SJ,
Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz
Deutsche Bischofskonferenz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Mai 2012