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KIRCHE/1851: Erzbischof Schick beendet Reise in den Nahen Osten (DBK)


Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 03.04.2016

Solidarität mit Christen im Irak

Erzbischof Schick beendet Reise in den Nahen Osten


Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Ludwig Schick (Bamberg), beendet heute seine einwöchige Reise in mehrere Länder des Nahen Ostens. Seit vergangenem Freitag (1. April 2016) hält sich Erzbischof Schick im Nordirak auf, um dort in der autonomen Provinz Kurdistan Christen zu besuchen. Wie bereits beim Aufenthalt in Syrien zu Beginn der Woche musste der Besuch im Irak vertraulich vorbereitet werden.

Erste Station im Irak war die Provinzhauptstadt Erbil. Hier traf Erzbischof Schick mit dem Oberhaupt der Chaldäischen Christen, Patriarch Louis Raphael I. Sako, zusammen, der aus Bagdad angereist war. Patriarch Sako ermutigte die Kirche in Deutschland, sich noch intensiver dafür einzusetzen, dass die Christen in ihrer irakischen Heimat bleiben. "Ich bin dankbar für alle Hilfe, die wir von den deutschen Bistümern, der Caritas und den anderen Hilfswerken erhalten", so Patriarch Sako. Erzbischof Schick würdigte den Einsatz chaldäischer Priester für die Seelsorge in Deutschland. "Uns ist daran gelegen zu helfen, wo wir können. Ich werde auch den Wunsch von Patriarch Sako aufgreifen und an die irakischen Bischöfe schreiben, um ihnen die Lage in Deutschland zu erläutern. Ausreisewillige Christen haben oft eine falsche Vorstellung vom Leben bei uns. Die irakischen Bischöfe wollen sie mit guten Argumenten überzeugen, wenn irgend möglich nicht aus dem Zweistromland auszuwandern."

Erzbischof Schick zeigte sich beim Besuch von Flüchtlingscamps erschüttert über die Lebensumstände der Menschen. In Erbil traf er mit zahlreichen christlichen Flüchtlingen aus dem Großraum Mossul zusammen, der in nur 40 km Entfernung liegt. "Diese Menschen sind nicht weit geflüchtet, nicht über ein Meer, sondern sie leben von ihrer Heimat nur wenige Kilometer entfernt - aber sie sind entwurzelt und sie leiden unter der Erniedrigung und oft auch Misshandlung, die sie durchgemacht haben. Die Schicksale, die mir Familien erzählt haben, berühren mich tief. Sie machen mich sprachlos. So viel Unrecht! Wir brauchen internationale Solidarität, um Recht und Ordnung im Irak wiederherzustellen und diesen Menschen eine Rückkehrmöglichkeit in ihre Heimatorte zu geben", so Erzbischof Schick. Beim Besuch von Wohncontainern und im Gespräch mit Familien, beim Gebet in den notdürftigen Kirchen der Flüchtlingslager und im Austausch mit den verantwortlichen Priestern stellte Erzbischof Schick fest: "Die Kirche leistet hier eine unverzichtbare Hilfe, nicht nur in finanzieller, sondern auch in geistlicher Hinsicht. In den Kirchengebäuden finden die Menschen Zuflucht, können weinen und erfahren Geborgenheit. Hoffnung ist die wichtigste Botschaft des Evangeliums. Barmherzigkeit hat für mich in diesen Tagen eine neue Dimension erhalten."

Unverzichtbar für den Wiederaufbau im Irak, so Erzbischof Schick, seien Bildung und die Erziehung zum Frieden. "Hass und Gewalt dürfen nicht das letzte Wort haben. Wir brauchen eine Formung der Herzen, gerade der jungen Generation, der ich hier intensiv begegnet bin. Es ist gut, dass die Kirche hier Pionierarbeit leistet - seelsorglich, schulisch und psychologisch." Ein wichtiges Element katholischer Bildungsarbeit zeigte der Erzbischof von Erbil, Bashar Warda: Die noch im Bau befindliche katholische Universität soll spätestens im Sommer ihren Betrieb aufnehmen. "Wir sollen Perspektiven durch Bildung schaffen - für Christen und gerne auch für Muslime", sagte Erzbischof Warda.

Der zweite Teil seines Aufenthaltes im Nordirak führte Erzbischof Schick in die nördlichen Teile des irakischen Kurdistans. In Dohuk und Zakho traf er erneut mit zahlreichen, vor allem jezidischen Flüchtlingen zusammen. Diese leben in menschenunwürdigen Unterkünften: in Bauruinen, Zelten oder Kellergeschossen. Die Caritas und andere humanitäre Organisationen helfen ihnen mit finanzieller Unterstützung, Lebensmittelversorgung und der Bereitstellung einer medizinischen Grundversorgung. Die jezidischen Familien dankten Erzbischof Schick, dass sich in Zakho die katholische Caritas um sie kümmere. "Die Weltgemeinschaft aber auch der irakische Staat scheinen hier eine Bevölkerungsgruppe zu vergessen, über die so viel in den Medien berichtet wurde. Ich bitte darum, dass die Jeziden, von denen fast alle schwer traumatisiert sind, Hilfe aus der ganzen Welt erhalten. Die katholische Kirche in Deutschland wird mit ihren Hilfswerken in ihrem Einsatz für die christlichen und auch jezidischen Flüchtlinge nicht nachlassen", so Erzbischof Schick.

Zum Abschluss seiner Reise zog Erzbischof Schick ein erstes Fazit: "Die Solidarität mit der Kirche im Nahen Osten und die Hilfe für die vielen Menschen, die vor Gewalt und Krieg innerhalb ihrer Länder oder in die Nachbarstaaten geflohen sind, standen im Mittelpunkt dieser Tage. Mir ist deutlich geworden, dass die Verfolgung der Christen und ihre Vertreibung durch den sogenannten 'Islamischen Staat' die seit Jahren zu beobachtende Auswanderungsbewegung nach Europa, Nordamerika und Australien extrem verschärft hat. Viele Christen haben die Hoffnung auf ein würdiges Leben in ihrer Heimat verloren. Sie sehen sich an einem point of no return. Bischöfe und Priester tun jedoch alles, um diese Dynamik, die ein Ende des orientalischen Christentums bedeuten könnte, umzukehren. Dieser Dienst verdient die Unterstützung des weltweiten Christentums. Denn, so habe ich es überall während meiner Reise gesagt: Es darf keine christenfreien Zonen geben, und die universale Kirche bleibt angewiesen auf das Zeugnis lebendiger Gemeinden an den Ursprungsstätten unseres Glaubens. Ein Neuanfang für die Christen im Nahen Osten wird letztlich wohl nur möglich sein, wenn die Herrschaft des sogenannten 'Islamischen Staates' beendet wird und politische Lösungen für die Konflikte in den verschiedenen Ländern gefunden werden. Erst dann werden die Flüchtlingszahlen, hinter denen sich furchtbare menschliche Schicksale verbergen, sinken. Es liegt im Interesse aller, dass der Brand im Nahen Osten nicht auch Europa und andere Teile der Welt versengt."

Erzbischof Schick war zu Wochenbeginn zunächst über den Libanon in das syrische Damaskus gereist. Die zweite Station des Nahostbesuchs waren verschiedene Einrichtungen der Caritas in Jordanien. Neben Begegnungen mit syrischen und irakischen Flüchtlingen in Amman tauschte sich Erzbischof Schick auch mit Prinz Hassan ibn-Talal über aktuelle Fragen des interreligiösen Dialogs aus. Prinz Hassan, der Bruder des früheren jordanischen Königs Hussein, leitet das "Interfaith Institute" in Amman und gilt als einer der führenden Köpfe des Religionsdialogs in der islamischen Welt.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 061 vom 3. April 2016
Herausgeber: P. Dr. Hans Langendörfer SJ,
Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. April 2016

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