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KIRCHE/532: Unterstützung für den Ökumenischen Patriarchen (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Pressemitteilung vom 30. August 2007

Internationale und europäische ökumenische Organisationen bekunden solidarische Unterstützung für den Ökumenischen Patriarchen


In einer Zeit, in der das Orthodoxe Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel - dem heutigen Istanbul - durch Entscheidungen der türkischen Justiz in immer größere Bedrängnis gerät, bekräftigen Mitglieder der weltweiten ökumenischen Familie ihre Unterstützung und Solidarität mit Seiner Heiligkeit, dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus.

Am 26. Juni sprach das Oberste Berufungsgericht der Türkei in einem Urteil dem Patriarchat seinen ökumenische Status ab und stellte fest, das Patriarchat sei eine religiöse Institution, die ausschließlich für die griechisch-orthodoxe Minderheit im Land religiöse Aufgaben wahrnehmen dürfe. Das Gericht entschied zudem, das Patriarchat verfüge über keine Rechtspersönlichkeit und der Patriarch habe nicht das Recht, den Titel "Ökumenischer Patriarch" zu führen.

In dem Urteil erklärte das Gericht, der Patriarch und die Mitarbeitenden des Patriarchats unterständen, was ihre Titel und Tätigkeiten anbelangte, den türkischen Gesetzen. Am 21. August war Bartholomäus von der zuständigen Staatsanwaltschaft in Istanbul vorgeladen worden, um zu erklären, warum er auf einer Weltkonferenz der orthodoxen Jugend einige Wochen zuvor in Istanbul den Titel "Ökumenischer Patriarch" benutzt hatte.

Angesichts dieser Entwicklungen brachte die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) am 27. August ihre "volle Unterstützung" für das Recht des Patriarchen, den Titelzusatz "ökumenisch" zu führen, zum Ausdruck. In einem Brief an Bartholomäus schrieb der Generalsekretär der KEK, Pfr. Colin Williams: "Wir können uns keine andere kirchliche Führungspersönlichkeit in Europa vorstellen, die so selbstverständlich als Schlüsselfigur in den ökumenischen Bestrebungen der [europäischen] Kirchen anerkannt wird."

Am 29. August erklärte der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Pfr. Dr. Samuel Kobia, in einem ähnlichen Brief an Bartholomäus, der Rat "schätzt die Authentizität und die Bedeutung des Ökumenischen Patriarchats als Institution sowie des Ökumenischen Patriarchen als herausragende kirchliche Persönlichkeit in der Welt sehr."

In seinem Schreiben sicherte Kobia dem Patriarchen die "entschiedene Unterstützung" des Rates zu und bekräftigte Bartholomäus' "ökumenischen Status". Gleichzeitig würdigte er seine "führende Rolle in der weltweiten ökumenischen Bewegung". In dem Brief werden die ÖRK-Mitgliedskirchen dazu aufgerufen, für den Ökumenischen Patriarchen zu beten und ihm ihre Solidarität zu bekunden.

Kobia zeigte sich auch "befriedigt" angesichts der Tatsache, dass "Ihnen und dem Patriarchat trotz der gegenwärtigen Schwierigkeiten Anerkennung und Wertschätzung seitens der türkischen Gesellschaft entgegengebracht wird." Laut Kobia ist "diese Einstellung dem Land positiv anzurechnen" und sollte "umfassend verbreitet und klar verständlich gemacht werden".

Die jüngsten Entwicklungen wurden in den türkischen Medien teilweise kritisiert. "Es ist sehr schwierig, unsere Empfindlichkeiten zu verstehen", schrieb Cengiz Aktar, Professor für Europäische Studien an der Universität Bahcesehir, in der englischsprachigen Zeitung Turkish Daily News. Aktar bekräftigte in einem Kommentar zur "absurden Entscheidung des Berufungsgerichtes" hinsichtlich des Titels "Ökumenischer Patriarch", dass die heutigen Türken und Türkinnen von ihren osmanischen Vorfahren "viel zu lernen hätten". Unter osmanischer Herrschaft wurde im Jahr 1844 die Theologische Hochschule des Patriarchats auf der Insel Halki gegründet. Sie ist seit 1971 geschlossen.

Der Titelzusatz "ökumenisch" steht ausschließlich dem Patriarchen von Konstantinopel als dem "Primus inter Pares" unter den weltweiten orthodoxen Führungspersönlichkeiten zu. Infolgedessen und über viele Jahrhunderte hinweg ist das Patriarchat ebenfalls unter diesem Namen auf der ganzen Welt bekannt geworden. Die Zahl der griechisch-orthodoxen Christen in der Türkei ist zwar relativ klein, weltweit unterstehen aber ca. 5 Millionen Gläubige direkt der kirchlichen Hoheit des Patriarchen. Zudem wird der Patriarch weitgehend als geistlicher Führer der 300 Millionen Orthodoxen in der Welt anerkannt, die allerdings nicht seiner Gerichtsbarkeit unterstehen.

Die griechisch-orthodoxen Christen sind nicht die einzige religiöse Minderheit, die in der Türkei in Bedrängnis geraten ist. So sind z. B. auch die normalen Aktivitäten der armenischen und der syrischen Orthodoxen nur erschwert möglich. Im April wurden drei Christen ermordet, die in einem religiösen Verlagshaus in Malatya arbeiteten. Davor erlitt ein katholischer Priester das gleiche Schicksal. Damals brachte der ÖRK-Generalsekretär in einem Schreiben an die türkischen Behörden die "tiefe Besorgnis" und den "Schrecken" des Rates zum Ausdruck.


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Der Ökumenische Rat der Kirchen fördert die Einheit der Christen im Glauben, Zeugnis und Dienst für eine gerechte und friedliche Welt. 1948 als ökumenische Gemeinschaft von Kirchen gegründet, gehören dem ÖRK heute mehr als 347 protestantische, orthodoxe, anglikanische und andere Kirchen an, die zusammen über 560 Millionen Christen in mehr als 110 Ländern repräsentieren. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche. Der Generalsekretär des ÖRK ist Pfr. Dr. Samuel Kobia, von der Methodistischen Kirche in Kenia. Hauptsitz: Genf, Schweiz.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 30. August 2007
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
150 rte de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. September 2007