Schattenblick → INFOPOOL → RELIGION → MEINUNGEN


STANDPUNKT/044: US-Bischof wegen Vertuschung sexuellen Missbrauchs zurückgetreten (Gerhard Feldbauer)


US-Bischof wegen Vertuschung sexuellen Missbrauchs zurückgetreten

Franziskus im Dilemma

Von Gerhard Feldbauer, 25. April 2015


Drei Jahre hat Bischof Robert Finn von Kansas City-Saint Joseph den sexuellen Missbrauch eines Priesters seiner Diözese, der Hunderte Kinderpornografien von jungen Mädchen auf seinem Computer gespeichert hatte, vertuscht. Erst sechs Monate, nachdem ihm der Vorfall bekannt wurde, informierte er die Polizei. Ein Gericht verhängte gegen Finn deswegen 2012 eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Der Priester wurde 2013 zu 50 Jahren Haft verurteilt. Trotz mehrfacher öffentlicher Forderungen, darunter von Opferverbänden, lehnte der Bischof einen Rücktritt ab. Jetzt ist der 62jährige Finn zurückgetreten. Franziskus wird vorgeworfen, damit zu lange gewartet zu haben. Erst nachdem der Leiter der vatikanischen Kinderschutzkommission und Bostoner Erzbischof, Kardinal Sean O'Malley, ihn öffentlich aufgefordert hatte, sich umgehend mit dem Fall Finn zu befassen, habe Franziskus Finn zum Rücktritt gedrängt. Gründe dafür werden in der Mitteilung des Vatikans nicht genannt.

Finn ist der erste kirchliche Würdenträger, der in den USA verurteilt wurde. Dabei gibt es dort nach jüngsten Enthüllungen der Aktivistengruppe Bishop-Accountability (Bischöfe zur Verantwortung ziehen) 130.000 Fälle von sexuellem Missbrauch, an denen 3.000 Priester beteiligt seien. Zwei Millionen Katholiken sind in den USA aus Protest dagegen aus der Kirche ausgetreten. Anzeigen seien unter dem polnischen Papst Johanes Paul II. unterdrückt worden. Obwohl Franziskus seit seinem Amtsantritt ankündigte, energisch gegen Kindesmissbrauch vorzugehen, unter anderem eine Kommission zum Schutz von Kindern einsetzte und mit Missbrauchsopfern sprach, werden die Maßnahmen als nicht genügend wirksam gesehen. In Rom wird gefragt, ob der Papst hier von Opus Dei, dem erzreaktionärem Gotteswerk, gebremst werde, dem Bischof Robert Finn angehört. Kommt von hier Widerstand gegen eine vorsichtige Lockerung des Zölibats, das mit seiner Unterdrückung natürlicher menschlicher Bedürfnisse als eine der Wurzeln von Sexuellem Missbrauch gesehen wird?

Hier hat Franziskus es mit dem verderblichen Erbe seines deutschen Vorgängers Joseph Ratzinger zu tun, der ein unermüdlicher Förderer von Opus Dei war. Als Kardinal und Chef der Glaubenskongregation stellte Ratzinger 2002 persönlich eine Propagandaschrift des Gotteswerkes "El Camino" (Der Weg) vor, in der auf eine absolute Unterwürfigkeit ausgerichtete unmenschliche Glaubensmaximen formuliert wurden, die von den Gläubigen forderten: "Demütige dich: weißt du nicht, daß du ein Eimer für Abfälle bist? Du bist schmutziger, herabgefallener Staub. Wenn deine Demut dich dahin bringt, dich als Unrat, als einen Haufen Unrat zu erkennen, können wir aus all dieser Erbärmlichkeit noch etwas Großes machen. Und aus der Schweineherde wollen wir die herausholen, die nicht mehr unrein sein wollen." Kritiker dieser unmenschlichen Entartungen des Katholizismus sehen darin Wurzeln auch des sexuellen Missbrauchs. Denn wie sollen Opfer sich dagegen zur Wehr setzen, wenn sich ihnen Priester nähern, für die sie "schmutziger Staub" sind, ein "Haufen Unrat", einer "Schweineherde" angehören.

Ratzinger beehrte die Klerikeroganisation auch mit seiner Anwesenheit auf zahlreichen Kongressen und Tagungen. Zum Dank dafür erhielt er den Doktor honoris causa der Opus Dei-Universität von Pamplona, was er eine "große Ehre" nannte und seine "persönliche Freundschaft" zu Opus Dei hervorhob. 2005 zum Papst Benedikt XVI. aufgestiegen, ernannte er mehrere Mitglieder des Gotteswerkes zu engsten Mitarbeitern des Vatikans, die noch heute auf ihren Posten sind. Drei Monate nach seinem Amtsantritt ließ er am Petersdom in Rom eine fünf Meter hohe Marmorskulptur des Opus Dei-Gründers Balaguer, eines Bewunderers Hitlers, Förderer Francos in Spanien, Pinochets in Chile und der Neofaschisten in Italien, anbringen, die er bei der Einweihung persönlich segnete.

*

Quelle:
© 2015 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. April 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang