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SCHACH-SPHINX/02722: Moderne Lesart der Gambiteröffnungen (SB)


Während im 19. Jahrhundert ein sogenanntes Gambit, also das Opfer von einem oder mehreren Bauern oder auch einer ganzen Figur, immer mit Blick auf einen ungemein stürmischen Angriff gebracht wurde, der quasi herbeigezwungen werden sollte, hat sich inzwischen in der modernen Eröffnungsstrategie das Denken durchgesetzt, sich mittels materieller Zugeständnissen dauernde, also fixierbare und damit basisinnovative positionelle Vorteile einzuhandeln. Damit wurde im wesentlichen die Achse der Angriffe verschoben. Früher sah man hierin den einzigen, zeitlich begrenzten Zweck von Gambiteröffnungen. Im Zuge verbesserter Verteidigungsoptionen mußte allerdings ein Wandel vollzogen werden, und dieser Schritt geschah eben mit der vornehmlich positionellen Lesart der Gambitsysteme. Nicht mehr der greifbare Nutzen, sondern ein auf Dauer verankertes Stellungsübergewicht geben den Ton moderner Strategien an. Dadurch wird nicht nur das hohe Risiko einer fehlerhaften Berechnung minimiert, sondern auch ein größeres Zusammenwirken verschiedener Stellungsfaktoren - Figuren- und Bauernformationen, Tempogefechte, Raumdimensionen usw. - ermöglicht. Im heutigen Rätsel der Sphinx wandte Boris Gelfand mit den weißen Steinen im Slawischen Damengambit ein solch modern geprägtes Gambit an. In der vorliegenden Stellung waren seine Vorteile unübersehbar durch die erweiterte Aktivierung seiner Figuren. Natürlich wäre es nun bescheiden gewesen, mit 1.Td1-g1+ Kg8-f8 2.De5-h8+ Kf8-e7 3.Dh8xh6 auf den Rückgewinn von Material zu spielen, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/02722: Moderne Lesart der Gambiteröffnungen (SB)

Gelfand - Lobron
München 1991

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Bedauernswerterweise durfte sich die schwarze Dame nach 1.Dd2xa5! an ihrer weißen Gegenspielerin nicht vergreifen wegen des Matts auf f6. Also zog sie sich mit 1...Db6-d6 zurück, was jedoch nicht genügte: 2.Lb2-e5 Dd6-e7 3.Da5-b4! - möglich wegen derselben Mattdrohung - 3...De7-d8 4.Db4-b7 - mit der Drohung 5.Db7-f7! - 4...Tc8-c1+ 5.Kg1-g2 Tc1-e5 - um auf 6.Db7-f7? Te1xe5! spielen zu können, aber... - 6.Db7- b8! und Schwarz gab auf.


Erstveröffentlichung am 26. Mai 1999

11. März 2010