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SCHACH-SPHINX/04211: Tür zur Allegorie (SB)


Der Versuch ist alt, ein im Grunde unschuldiges Spiel zum Zwecke der Legitimierung einer Gesellschaftsordnung mit Allegorien zu überziehen. Die sogenannten deutschen Dichter des Mittelalters, die oft kaum mehr waren als biedere Moralprediger mit den Allüren des Größenwahns, haben das Hohelied vom Schach als eines göttlich-weltlichen Ausdrucks einer in Unten-und-Oben gegliederten Lebensweise so häufig besungen, daß einem beim Nachlesen noch heute die Wut hochkommt. Dreister und auch dümmer hätte diese moralische Verfälschung nicht sein können, zum Beispiel beim salbardernden Heile-Welt-Apostel Hugo von Trimberg: "Diese Welt gleicht einem Spielbrett, denn wie das Schachspiel hat sie Könige und Königinnen, Grafen (Türme), Ritter (Springer) und Bauern. Und ganz so führt Gott mit uns sein Spiel durch, wenn man es nur recht betrachtet. Wer sündigen Gedanken nachhängt, dem bietet der Teufel stets Schach und setzt ihm die Seele matt, falls er sich nicht gut zu schützen weiß." Was er mit der letzten Phrase gemeint hat, dürfte klar sein, was jedoch "sündige Gedanken" und "rechte" Betrachtung mit dem Schachspiel zu tun haben sollen, entzieht sich dem kritischen Fragesteller. Daß Hugo von Trimberg sein Hauptwerk "Der Renner" nannte, läßt schon eher auf seine wahren Ambitionen schließen. Heutzutage würde man wohl sagen, daß er einen Bestseller schreiben wollte. Und damals wie heute gilt: Wer nach dem Munde der herrschenden Ordnung schreibt, dürfte damit sogar Erfolg haben. Im heutigen Rätsel der Sphinx herrschte indes weder die Sünde noch setzte der Teufel matt. Eric Lobron jedoch wußte auch so, wie er mit den weißen Steinen den Erfolg sicherstellte, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/04211: Tür zur Allegorie (SB)

Lobron - Tiller
Randers 1982

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Im Sinne des Ernstes wäre 1...h7-h6 besser gewesen, denn Michail Tschigorin hätte darauf mit 2.Dd1-f3 h6xg5 3.Se4-f6+ Ke8-f7 4.Te1xe6! Kf7xe6 5.Ta1-e1+ Sc6-e5 6.Df3-d5+ Ke6xf6 7.Dd5xe5+ Kf6-f7 8.De5-e7# der Partie ein gewisses Format verleihen können.


Erstveröffentlichung am 15. September 2000

26. November 2011