Schattenblick →INFOPOOL →SCHACH UND SPIELE → SCHACH

SCHACH-SPHINX/04640: Geselligkeit zwischen Grenzen (SB)


Es hat sich gesellschaftlich eingebürgert, im Verlierer stets die Projektionsfläche für den Spiegel des Siegers zu sehen. Was aber hat letzterer schon gewonnen, das nicht an jeder Straßenecke zu haben wäre? Das Licht der Laternen spiegelt sich in den Wasserpfützen. Ölig grau blickt uns daraus das eigene Gesicht an. Wir stutzen einen Augenblick lang, ehe wir irritiert weitergehen. Die Einsicht prallt am Panzer unserer Hartnäckigkeit ab: Das Niedere, Verschmähte, häßlich Verachtete trug unser Antlitz. Das Ritual des Mit- und Gegeneinanders täuscht darüber hinweg, daß wir nur groß sind durch das Winzigmachen des Besiegten. Der ganze Hofstaat katzenfreundlicher Gönnerhaftigkeit, mit dem der andere um den schuldigen Respekt betrogen wird, schmeichelt allein der eigenen Eitelkeit. Goethe schrieb: "Es ist besser das geringste Ding von der Welt zu tun, als eine halbe Stunde für gering halten." Doch was kann geringer sein, als Großes zu leisten, aber das Größere zu verachten? Bei aller Geistesgröße, die man Wilhelm Steinitz nicht absprechen darf, war er doch menschlich gesehen eine bedauernswerte Erscheinung, stets in Fehde mit der Welt, von der er glaubte, sie würde seine Leistungen nicht gebührend anerkennen. Hat er sich je gefragt hat, ob er es vielleicht am menschlichen Entgegenkommen missen ließ? Im heutigen Rätsel der Sphinx kam ihm Meister Golmayo wenigstens mit dem Fehler 1...f7-f6? entgegen. Also, Wanderer, laß dir von der Größe keine falsche Grenzen aufzwingen!



SCHACH-SPHINX/04640: Geselligkeit zwischen Grenzen (SB)

Steinitz - Golmayo
New York 1887

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Meister Tal schlug den schrillen Glockenton des Angriffs an: 1.Tb1- b7+! Kc7xb7 2.Dd1-d7+ Kb7-b8 3.e7-e8D+ Te5xe8 4.Dd7xe8+ Kb8-b7 5.De8- d7+ Kb7-b8 Dd7xc6 und Schwarz gab auf.


Erstveröffentlichung am 28. Januar 2001

30. Januar 2013





Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang