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SCHACH-SPHINX/04711: Domaniewskis mahnende Worte (SB)


Gewiß, die Schachklubs jubelten, als das Königliche Spiel nach vielen Anläufen endlich als Sport anerkannt wurde. Finanzielle Vorteile, bessere Öffentlichkeitsarbeit standen auf der Plusseite des Kontos. Doch ohne Eingeständnisse war dieser Pakt mit dem Sportbetrieb nicht zu erzielen. Schließlich bedurfte das Schachspiel keiner Anerkennung, um sich als geistig-künstlerische Disziplin ausweisen zu können. Der Einstieg in das Wertesystem des Sports führte allerdings dazu, daß die Medien in einem vorher nicht dagewesenen Ausmaß dasselbe mit dem Schach taten, was andere Sportarten zu erleiden hatten. Sie wurden statistisch erfaßt und abstrahiert. Wie im Fußball reduziert sich das Verständnis der Allgemeinheit auf Kürzel wie 3:2 für Karpow gegen Anand. Etwas, das im Schatten der Medien ein wenn auch wenig beachtetes Dasein führte, verschwand fast zur Unkenntlichkeit im Rampenlicht der Schnellebigkeit. Domaniewski hatte diese Entwicklung vorausgesehen, als er schrieb: "Seit Jahren befinden wir uns in den Krallen einer Fiktion, deren Name Schachsport ist. Seit Jahren bemühen wir uns mit geradezu krankhaftem Eigensinn, einen rein gedanklichen Vorgang, wie es das Schachspiel ist, den Paragraphen für Körperkultur anzupassen ... Diese Gedankenverwirrung führt zu nichts anderem als zu Mißverständnissen, und übrigens verpflichtet die spezielle Eigenart einer gewissen Tätigkeit. Ein mehrstündiges Sitzen über dem Schachbrett und das Ziehen verschiedener Figuren von einem Platz zum anderen ist eine geistige Tätigkeit, und es gibt in der Natur kein Argument, daß irgendwen überzeugen könnte, daß dies eine körperliche Tätigkeit sei. Das ist doch klar! ... Schwach ausgebildete Muskeln und ein eingefallener Brustkorb diskreditieren einen Langstreckenläufer oder Speerwerfer, sind aber durchaus kein Hindernis beim Erringen der höchsten Schachklasse ... Hier, auf den Höhen der Gedankenspekulation entscheiden nicht dicke Waden - hier entscheidet ein leistungsfähiges, geübtes Gehirn." Entscheide jeder selbst, ob er körperlich Sport treibe oder gedankliches Schach spiele. Im heutigen Rätsel der Sphinx gebrauchte Meister Kestler jedenfalls seinen Kopf, um mit den weißen Steinen einen raschen Sieg zu erringen. Also, Wanderer, was hatte sein Kontrahent Heidrich übersehen, als er zuletzt mit 1...Tb2xa2 einen Bauern schlug?



SCHACH-SPHINX/04711: Domaniewskis mahnende Worte (SB)

Kestler - Heidrich
Bundesliga 1982

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Nach 1...Tc3xa3! fand sich der weiße König in unangenehmer Nähe zum Matt wieder. Laskers Kontrahent Pillsbury konnte zwar einen Ausweg aus der Misere entdecken, doch nur auf Kosten seiner Dame: 2.Df5-e6+ Kg8- h7 3.Kb2xa3 Dc4-c3+ 4.Ka3-a4 b7-b5+! 5.Ka4xb5 Dc3-c4+ 6.Kb5-a5 Lf6-d8+ 7.De6-b6 Ld8xb6+ und Weiß gab auf.


Erstveröffentlichung am 20. Februar 2001

11. April 2013





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