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SCHACH-SPHINX/04759: Eines Virtuosen Denkirrtum (SB)


Heutzutage läßt es sich gar nicht vorstellen, daß die Theoretiker des ausgehenden 17. Jahrhunderts die Zugfolge 1.e2-e4 e7-e5 2.Sg1-f3 als mangelhaft deuteten. Insbesondere Philidor war ein eifriger Verfechter dieser These. Seiner Meinung zufolge verlöre Weiß damit den Anzugs- und damit Angriffsvorteil, weil Schwarz dank 2...d7-d6 aller Eröffnungsprobleme enthoben sei. Dem Springerzug 2...Sb8-c6 schenkte der französische Analytiker weder in seinem 1749 noch in seinem 1777 erschienenen Buch eine Aufmerksamkeit. Er folgte damit den Lehrmeinungen des spanischen Priesters Lopez de Segura. Beide gingen davon aus, daß Weiß nach 2...Sb8-c6 infolge des Angriffszuges 3.Lf1-b5 die Iniative behielt. Eine Logik, die nicht so ohne weiteres von der Hand zu weisen ist, wenngleich sie ein wenig zu kurz griff. Philidor erkannte wohl den Wert einer soliden Bauernstruktur, ließ jedoch das Element des Figurenspiels völlig aus den Augen. Als Physiker hätte er leicht begreifen können, daß die statischen Beharrungskräfte der Materie den Bewegungsimpulsen stets nachgeordnet sind. So konnte denn auch Meister Kunz mit Schwarz im heutigen Rätsel der Sphinx nach dem fehlerhaften Zug 1.Td1-d2? seines Kontrahenten Kremer leicht das dynamische Element zu seinen Gunsten einsetzen. Also, Wanderer, wie hätte ein Physiker geantwortet?



SCHACH-SPHINX/04759: Eines Virtuosen Denkirrtum (SB)

Kremer - Kunz
Fernpartie 1959

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Nach 1.Sa4-c5!! hatte der Arzt-Bauer keine andere Möglichkeit, als sich mittels 1...d6xc5 in einen Wirt zu verwandeln. Die Zeche bezahlte indes Meister Kottnauer nach 2.Lc1-f4! Lf8-d6 - 2...Db8xf4 3.Dc6-c8+ Ke8-e7 4.Dc8xb7 Ke7-f6 5.Td1xd7 Kf6-g6 6.g2-g3 Df4-f5 7.Ta1-a7! - 3.Lf4xd6 Tb7-b6 4.Dc6xd7+ und Schwarz gab auf.


Erstveröffentlichung am 08. März 2001

29. Mai 2013





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