Schattenblick →INFOPOOL →SCHACH UND SPIELE → SCHACH

SCHACH-SPHINX/04850: ... und war vorzugsweise ein Kämpfer (SB)


Mit Ausnahme von Emanuel Lasker hat sich kein Schachmeister je über das Brett hinaus mit den allgemein drängenden Fragen der Menschheit und den gesellschaftlichen Widersprüchen beschäftigt. Von seinem weltanschaulichen Ansatz des Kampfes als dem Wesensmerkmal aller menschlichen Erscheinungsformen, die "von Männern wie Machiavelli, Napoleon, Clausewitz vorausgeahnt, von Steinitz auf dem Schachbrett präzise gestaltet, von einigen Philosophen sehnsüchtig erstrebt, von mir philosophisch, also weltgültig hingestellt", erhoffte er, daß er "in das Leben der Menschheit sehr tief eingreifen" werde. Doch sein großes Ziel, dank seiner Kampftheorie "den Krieg als Institution zu entrechten", oder Argumente zu schaffen, die der Dämonie des Tötens das Wasser abgraben, fand weder unter den interdisziplinären Gelehrten noch unter dem Laienvolk Anklang. Sein aufklärerischer Wille hatte zwar die Machtergebenheit des Menschen aufgedeckt und ihm spielerisch eine neue Variante des Besinnens ermöglicht, bis an die Wurzel menschlicher Leidensverstrickung und Beteiligung kam er jedoch nicht. Die Besänftigung des selbstzerstörerischen Dranges durch ein Spiel mag therapeutischen Nutzen haben, ändert an der Vielfalt der Bedingungen, die den sozialen Menschen in ein destruktives Netz spannen, allerdings nichts. So verstaubte Laskers Philosophie wie die vieler seiner Geistesvorgänger. Einer, der seine Kampftheorie durchaus beherzigt hatte, war der amerikanische Großmeister Pillsbury. Nachdem er in St. Petersburg 1896 gegen Lasker eine herbe Niederlage erlitt, revanchierte er sich im heutigen Rätsel der Sphinx aus dem Turnier in Cambridge Springs 1904 auf eine durchaus napoleonisch-machiavellische Weise. Also, Wanderer, der Amerikaner führte die weißen Steine zum Sieg.



SCHACH-SPHINX/04850: ... und war vorzugsweise ein Kämpfer (SB)

Pillsbury - Em. Lasker
Cambridge Springs 1904

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Ohnmächtig mußte die schwarze Dame zusehen, wie ihr König gejagt wurde. Garry Kasparow spielte 1.Tf1xf6! g7xf6 2.Sc3-e4 Dc5-d4 3.Dd1-h5 Th8-f8 4.Ta1-d1 Dd4-e3 5.Dh5-h4 De3-f4 6.Dh4-e1 Ta8-a4 7.De1-c3 Ta4-d4 8.Td1xd4 Df4-f1+ 9.Kh1-h2 e5xd4 10.Dc3-c5 Ke7-d7 11.Sd6-b5 Df1-f4+ 12.g2-g3 und Viswanathan Anand gab sich geschlagen. Nach 12...Df4-h6, um den bedrohten Turm zu decken oder auch nach 12...Df4xe4, wird die schwarze Majestät in zwei Zügen mattgesetzt: 13.Dc5-c7+ Kd7-e8 14.Sb5- d6#


Erstveröffentlichung am 07. April 2001

28. August 2013





Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang