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SCHACH-SPHINX/05005: Flügel der Schwärmerei (SB)


Reisen bildet, heißt es; Reisen eröffnet der Seele neue Einblicke in die Seelen anderer, sagt ein anderer Weisheits-Globetrotter-Spruch. Nun sind Schachspieler oft auf Achse, reisen von einem Turnier zum anderen, aber von der schönen Landschaft, den Menschen dort, ihren Bräuchen und Lebensweisen lernen sie wenig kennen, die "Spieler mit dem Brett im Kopf", wie es einmal ein Schachspötter erklärte. Vom Beginn der internationalen Turniergeschichte 1851 in London bis heute hat es wohl kaum einen Flecken Erde gegeben, an dem Schachspieler ihre Füße nicht hingesetzt haben, ausgenommen einmal so denkstrapaziöse Orte wie die Antarktis und die heißglühende Sahara. Daß auf diesen Reisen zuweilen der halbe Hausstand samt Frau und Katze mit mußte, konnte man gut an dem Gepäckgebaren des Ex-Weltmeisters Alexander Aljechin ablesen. Zum Kummer der Pagen, die seine 24 Koffer und 3 Hauskatzen treppauf, treppunter schleppen mußten. Pech hatte da der amerikanische Großmeister Frank Marshall im Jahre 1914, als er von einem Turnier in Mannheim nach Amerika zurückfahren wollte und just in diesem Augenblick feststellen mußte, daß sein gesamtes Gepäck abhanden gekommen war. Da die Zeit eilte, fuhr er mit Gram im Herzen nach Hause zurück. Eine Verwechslung hatte stattgefunden, so daß seine Koffer anderswo abgegeben worden waren. Sechs Jahre später kehrte seine verlorengeglaubte Equipage zu ihm zurück. Reisen bildet, läßt in die Seelen anderer blicken? Wie dem auch immer sei, Reisen ist auch immer Qual und Mühe und manchmal ebenso enttäuschend wie für unseren Schachfreund Jürgens folgende Partie, in der er mit den schwarzen Steinen der Versuchung nicht widerstehen konnte, zuletzt den verwaisten weißen Bauern auf f3 mit 1...Dh5xf3? zu verspeisen. Was seine Seele danach erblicken mußte, Wanderer, sollst du im heutigen Rätsel der Sphinx herausbekommen!



SCHACH-SPHINX/05005: Flügel der Schwärmerei (SB)

Rosin - Jürgens
Hamburg 1980

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Mieses hatte den Löwen in Tartakower wachgerüttelt mit seinem Spott von der fünffachen Remisplage. In Partie 6 konterte Letzterer mit wilder Entschlossenheit und brachte der schwarzen Stellung nach 1.Df3- g3! den Erstickungstod. Nun verbot sich nämlich der natürliche Entwicklungszug 1...Sb8-d7 wegen 2.Le5-d6 De7-d8 3.Th1-f1 Sg8-e7 4.Ld6- c7 mit Damenverlust. Zähneknirschend zog der deutsche Altmeister daher 1...Sb8-a6, was besser war, aber an der Lethargie seiner Stellung nichts ändern konnte, und so gab er nach 2.0-0 Lc8-d7 3.Le5-d6 De7-d8 4.Dg3-f4 in trostloser Lage auf.


Erstveröffentlichung am 28. Mai 2001

30. Januar 2014





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