SCHACH-SPHINX/05694: Faustrecht auf Französisch (SB)

Die guten Sitten gehen zugrunde, wo das Faustrecht regiert. Im Schach sollte es anders sein. Schon sein Anspruch, allein auf geistigem Wege über den anderen triumphieren zu wollen, müßte im Grunde verhindern, daß statt der Figuren die Fäuste fliegen. Doch weit gefehlt. Schließlich steckt auch im Schachmeister das wilde, ungehobelte, von roher Gewalt beherrschte Tier. Opfer dieses atavistischen Blutinstinkts wurde der französische Meister Gilles Andruet, und das gleich zweimal. Bei der französischen Landesmeisterschaft von 1989 hatte er den Internationalen Meister Jean-Luc Seret besiegt. Doch statt daß Seret Andruet die Hand reichte, wie es ein fairer Verlierer tun sollte, gab er ihm die Faust zu spüren, und zwar mitten ins Gesicht. Später mußte die Wunde mit acht Stichen genäht werden. Für seinen rabiaten Jähzorn bekam Seret eine dreimonatige Sperrzeit vom französischen Schachverband verhängt. Bereits 1984 mußte Andruet Hiebe einstecken, und zwar von seinem Landsmann Kouatly. Vielleicht sollte sich Andruet daran gewöhnen, weniger schadenfroh zu lächeln, wenn er einen Sieg erringt. Denn nicht jeder Franzose saugt bereits mit der Muttermilch Höflichkeit ein. Andruet selbst scheint ein besserer Verlierer zu sein. Im heutigen Rätsel der Sphinx schlug ihn der schreckliche Viktor Kortschnoj, wohlgemerkt auf dem Brett, und Andruet revanchierte sich artig mit einem verschmitzten Lächeln. Also, Wanderer, genug der rohen Sitten französischer Fäusteschwinger, wie siegte Kortschnoj mit den weißen Steinen?

Kortschnoj - Andruet
Frankreich 1988

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Der eingeengte weiße König sollte an seiner Klaustrophobie ersticken, als Chrz die Schnur noch enger zog mit 1...Dh4-g3!! und nach 2.f2xg3 Sh5xg3+ 3.Kh1-h2 Sg3xf1+ 4.Kh2-h1 Sf1-g3+ 5.Kh1-h2 Sg3xe4+ 6.Kh2-h1 Se4xf2# das Matt forcierte.

Erstveröffentlichung am 07. Januar 2003

24. Dezember 2015

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