Schattenblick → INFOPOOL → SCHACH UND SPIELE → SCHACH


SCHACH-SPHINX/06067: Mahn- und Wundmale (SB)


Die Rolle des 'Großdeutschen Schachbundes' nahm sich unter dem Hitlerregime alles andere als rühmlich aus. Kaum hatte die NSDAP die alleinige Macht in Deutschland an sich gerissen - die demokratische Grundordnung war nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 so gut wie hinfällig geworden -, da schwenkten viele gesellschaftliche Verbände und Organisationen auf den neuen Kurs um. Die Aufhebung des Taufrituals unter den Deutschen Christen war nur eine der schimpflichen Entgleisungen dieser Zeit. Eine lange Jahrhunderte antisemitisch geprägte Grundstimmung im deutschen Volk brach sich Bahn, überflügelte gar die NSDAP in ihrem Bemühen, das "jüdische Element im deutschen Wirtskörper" auszurotten. Bereits im August 1933 verkündete das Bundesorgan des Schachbundes: "Juden können wir zu unserer Arbeit nicht brauchen, sie haben aus den Vereinen zu verschwinden, denn sie waren in Deutschland die Erfinder und Förderer des Klassenkampfes und hetzen jetzt die anderen Völker gegen unser Vaterland auf." Es ist erschreckend, mit welcher Geschwindigkeit und Rigorosität sich ein "arisches Schach" in Deutschland konstituierte. Betroffen von diesem Rassenwahn in den Reihen deutscher Schachspieler waren unter anderem Lasker, der frühzeitig emigrierte, und Tarrasch, der Anfang 1934 wohl an gebrochenem Herzen ob der Häme gegen ihn in München verstarb. Es sind dies Mahn- und Wundmale einer menschlichen Verirrung, die nie vergessen werden dürfen. Aus diesem Anlaß wird im heutigen Rätsel der Sphinx nochmals an die Leistungen Tarraschs erinnert, der wie kaum ein anderer zur Entwicklung des deutschen Schachspiels beigetragen hatte. Sein Kontrahent Marco hatte zuletzt einen Bauern mit 1...Sh7xg5 geschlagen. Also, Wanderer, wie verdichtete Tarrasch den Angriff auf die schwarze Königsfestung?



SCHACH-SPHINX/06067: Mahn- und Wundmale (SB)

Tarrasch - Marco
Wien 1898

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Vielleicht hätte Kantowitsch die Augen doch auf dem Brett behalten sollen, denn dann wäre ihm 1.Sf3-e5! sicherlich nicht entgangen. Die Mattdrohung auf f7 kostete ihm eine Figur, worauf er die Partie sogleich aufgab.


Erstveröffentlichung am 10. Januar 2004

01. Januar 2017


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang