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SCHACH-SPHINX/06270: Als der Remiskönig zuviel riskierte (SB)


Was der Wiener Großmeister Carl Schlechter zu Beginn des 20. Jahrhunderts war, das ist der Schwede Ulf Andersson für das heutige Schach - ein Fels in der Brandung. Mit Schlechter teilt der Schwede den Ruf eines Remiskönigs. Kein anderer Großmeister ist so schwer auf dem Brett zu zähmen oder gar zu besiegen wie er. Sein Stil ist nahezu atombombensicher, was seinen Grund vornehmlich im fast platonischen Positionieren seiner Figuren hat. Andersson riskiert praktisch nichts. Seine Züge sind meist defensiv, auch wenn er mit den weißen Steinen spielt. Die Remisbreite ist sein Zuhause. Die Fremde, das Ungewisse und Bedrohliche lockt ihn nicht. Er gehört zu jenen Schachspielern, die selbst der Sizilianischen Verteidigung den Giftzahn ziehen können, wohlgemerkt, wenn er selbst sizilianisch spielt. Hin und wieder jedoch wird auch ein Ulf Andersson aus dem sicheren Remishafen vertrieben, wie beispielsweise beim Weltpokalturnier in Belfort, und das ausgerechnet von den seinerzeit 26 Jahre jungen Esten Jaan Ehlvest. Der Jungstar aus Tallinn hatte dazu im heutigen Rätsel der Sphinx nichts anderes tun müssen, als hart gegen den Wind zu steuern, und in der Tat, im Höhepunkt der Konfrontation ließ sich Andersson zum Fehlzug 1...b5-b4? verleiten, der dann knochenhart bestraft wurde. Also, Wanderer, warum hätte Andersson die Öffnung des Spiels lieber verhindern sollen?



SCHACH-SPHINX/06270: Als der Remiskönig zuviel riskierte (SB)

Ehlvest - Andersson
Belfort 1988

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Die Diagonalgefährdung ließ sich recht nachhaltig mit 1...c7-c6! beheben und der bedrohte Springer war indirekt durch 2.Lg4xh5 Df6-f5 gedeckt. Die Pointe des Bauernsperrzuges aber war folgende: 2.d5xc6 Ta8-f8, denn nun konnte 3.c6-c7 beispielsweise mit 3...Tf2-f1 4.Lg4xh5 Tf1xg1+ 5.Kh1xg1 Df6-f1+ 6.Kg1-h2 Tf8-f2+ 7.Kh2-g3 Df1-g1+ 8.Kg3-h4 g7- g5# beantwortet werden, weswegen sein Kontrahent Ruck gediegen 2.Te4- e2 Tf2xe2 3.Lg4xe2 Df6-h4 4.Le2-g4 Sh5-g3+ 5.Kh1-g2 - 5.Kh1-h2?? Tf8- f2+ 6.Tg1-g2 Sg3-e4 - 5...Sg3-e2 6.Da4-d1 spielte. Die weiße Dame fand den Weg jedoch zu spät zurück: 6...Tf8-f2+ 7.Kg2-h1 Se2-g3+ 8.Tg1xg3 Dh4xg3 9.Dd1-g1 Dg3-e3 und Weiß gab auf, weil 10.Dg1-b1 De3-f4 hoffnungslos war.


Erstveröffentlichung am 29. Juli 2004

23. Juli 2017


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