Schattenblick → INFOPOOL → SCHACH UND SPIELE → SCHACH


SCHACH-SPHINX/06356: Feindseligkeit zwischen Weltmeistern (SB)


Im Rampenlicht ist Lächeln Pflichtübung. Abneigungen werden dezent hinter der Maske verborgen gehalten. Man schüttelt sich die Hände, bleckt freundlich mit den Zähnen, hier und da ein unverbindliches Wort - Showtime auch im Schach. Daß sich zwischen Garry Kasparow und Anatoli Karpow hinter den Kulissen eine gesteigerte Feindseligkeit austobte, zeigte sich erst in aller Deutlichkeit seit ihrem tragisch zu nennenden Moskauer Wettkampf. Seitdem waren die Narben, schon vorher geschlagen, nie mehr verheilt, und es sieht, ohne daß man Prophet sein müßte, nicht danach aus, als würde sich die verhärtete Feindschaft zwischen beiden je wieder auskurieren lassen. Zu weit haben sich die Schlachtschiffe der beiden Schachverbände PCA und FIDE insbesondere menschlich voneinander entfernt. Der Anstand reicht gerade soweit, daß sie sich in der Öffentlichkeit nicht mit bösen Zunge bekriegen. Was nicht durch den Mund gesagt wird, steht indes schwarz auf weiß für jeden zu lesen in den Büchern. Dort wird weniger Rücksicht geübt, dort finden gedruckte Worte einen unverfälschten Nährboden. Kasparow hat es sich nicht nehmen lassen, sich der Perestroika zu bedienen. Er hat Schluß mit dem faulen Zauber der Höflichkeit gemacht und seinem jahrelang aufgestauten Groll Luft gemacht. In "Die politische Partie" und "Das große Kasparow Schachbuch" wird kein Blatt vor dem Mund genommen. Schonungslos offen, aber doch mit kritischer Sachlichkeit nimmt Kasparow Stellung zu einem Übelstand, der jahrelang verschwiegen wurde. Im heutigen Rätsel der Sphinx soll die zweite Partie des WM-Kampfes von 1984 zu Wort kommen. Kasparow hatte früh eine Gewinnfolge übersehen und sich dann nach einigen ungenauen Zügen um die Früchte seines Spiels gebracht. Mit seinem letzten Zug 1.Tg3xg6 schleuderte er den schwarzen Läufer vom Brett. Karpow erwiderte darauf nun 1...Tf5xf6?, was sicherlich besser war als 1...h7xg6?? 2.Dd2-h6+ Kh8-g8 3.Dh6-g7# Indes konnte Kasparow nach 1...Tf5xf6? mit 2.Tg6xf6 Da1xf6 3.Dd2-e1! Tf8-g8+ 4.Kg1-h2 Df6- f4+ 5.Lf2-g3 Tg8xg3 6.De1xg3 Df4xf1 7.Dg3-b8+ Remis erzwingen. Nun, Wanderer, mit welchem genialen Zug hätte Karpow die Partie sogar gewinnen können?



SCHACH-SPHINX/06356: Feindseligkeit zwischen Weltmeistern (SB)

Kasparow - Karpow
WM 1984

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Trickreich spielte Adams 1.Df2-h2!, ein Damenopfer, das natürlich wegen 1...Dc7xh2 2.Td1xd8+ Le7xd8 3.f7-f8D+ und Matt im nächsten Zug nicht angenommen werden durfte. Das Verschlagene im weißen Damenzug galt jedoch der Eroberung der Diagonale b8-h2, wie sich in der Partie noch tückischerweise zeigen sollte. Zunächst wich Conquest mit 1...Dc7- c8 aus, doch schon nach 2.Tg1-e1 Td8xd4 3.Sb3xd4 Dc8-f8 4.Dh2-e5 - aller Gemeinheit Anfang - 4...Df8xh6+ 5.Kc1-b1 Dh6-h4 6.Te1xe4! Dh4xe4 7.De5xf6+ gab es kein Entrinnen mehr vor dem Matt. Conquest gab auf, ohne sich 7...Le7xf6 8.f7-f8D# zeigen zu lassen.


Erstveröffentlichung am 23. Oktober 2004

17. Oktober 2017


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang