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SCHACH-SPHINX/06434: Lieber taktieren als positionieren (SB)


Partien zwischen zwei Positionsspielern sind jedermanns Sache nicht. In den langatmigen, undurchsichtigen Plänen kommt selten etwas ans Licht, daran sich der Laie erfreuen könnte, und selbst den Kommentatoren fällt es nicht selten schwer, eine gerade Linie im Verschanzen beider Spieler aufzudecken. Ach, wie schön, daß es auch das andere Extrem gibt. Wenn der Blitz in die Stellung einschlägt, die Königsburg in Flammen steht und der flüchtende Monarch auf offenem Feld niedergetreckt wird, fühlt sich noch der blutigste Anfänger irgendwie zu Hause. Ja, sagt er dann hinterher, man gewinnt durch Figurenopfer! Viktor Kortschnoj ist solch ein Haudegen auf dem Brett. Seine Partien sind selten von der Blässe positioneller Langeweile angekränkelt. Und das aus gutem Grund, wie sein Ex-Landsmann aus der Schachhochburg Leningrad, Boris Spasski, einmal treffend feststellte: "Wenn er eine schwierige Stellung beurteilen soll, liegt Kortschnoj immer falsch!" Nun, ganz so drastisch würde Spasski heutzutage sein Urteil über den Wahlschweizer nicht fällen. Richtig ist freilich, daß sich Kortschnoj immer schon da pudelwohl fühlte, wo kalkuliert und kombiniert werden mußte wie im heutigen Rätsel der Sphinx, wo er auf einen nicht minderen Taktikfuchs traf. Efim Geller hatte an jenem Tag auf der UdSSR-Meisterschaft jedoch ein taktisches Staubkorn im Auge, als er 1.e6-e7 zog und damit den schwarzen Angriff ganz eindeutig unterschätzte. Also, Wanderer, wie stellte Kortschnoj seinen Kontrahenten vor die leidige Wahl: Matt oder Damenverlust?



SCHACH-SPHINX/06434: Lieber taktieren als positionieren (SB)

Geller - Kortschnoj
UdSSR 1960

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Der kubanische Großmeister Nogueiras hatte ganz offensichtlich aufs falsche Pferd gesetzt. Alexander Beljawski ließ sich jedenfalls nicht narren und beendete die Scharade mit 1...Sf6xd5! 2.Lg5xe7 Sd5xe7 3.Le2- f3 Th8-f8 4.Lf3-g2 Le5-d6 5.Tf1-e1 Tf8-f6 6.f2-f4 Ld6xa3 7.g3-g4 Lg6- f7 8.Dc4-a4 La3-c5+ Weiß gab auf, ehe er langsam vom materiellen Übergewicht des Russen zerdrückt wurde.


Erstveröffentlichung am 8. Januar 2005

3. Januar 2018


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