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SCHACH-SPHINX/06481: Stolze Männergedankenwelt (SB)


Als Begleitung eines Feldherrn der 64 Felder sah und sieht man Frauen in Turnierhallen immer schon gerne. Wer wollte auch die Stirne runzeln, wenn beispielsweise die bezaubernde Gattin Veronika ihrem Alexej Schirow moralische Unterstützung verleiht durch ihre Gegenwart. In Cazorla verhalf ihm das immerhin zu einem Finalsieg im Kandidatenturnier gegen den Russen Wladimir Kramnik, der auf eine holde Begleitung verzichten mußte. Doch eine Frau am Brett selbst, in Angriffsplänen brütend, nun, das scheinen noch heute ein Paar verschiedener Schuhe zu sein. Mit großzügiger Gönnerstimme hatte der jugoslawische Großmeister Ljubomir Ljubojevic noch 1988 verkündet: "Frauen sind von Männern leicht zu besiegen." Aus eigener Erfahrung sprach sein Mund da allerdings nicht. Vielleicht, daß seine Erinnerung ein wenig getrübt war? Schließlich hatte er ein Jahr zuvor in Bilbao zwei empfindliche Niederlagen eingesteckt, einmal gegen die damalige Weltmeisterin Maja Tschiburdanidse und zum anderen gegen die spätere Zsusza Polgar aus Ungarn. Es gibt wohl Dinge in der Männergedankenwelt, die man schleunigst als Mißgeschick der besonderen Art in die dunkle Abstellkammer wirft. Und wehe, jemand rührt an diesen Ungeheuerlichkeiten! Aber man kann in diesem Sinne recht zuversichtlich sein. Bedenkt man, daß inzwischen kaum ein Großmeister von dieser "Schmach" unberührt ist, so ist die Übereinkunft groß und dauerhaft, über dieses Tabuthema des männlichen Stolzes Stillschweigen zu bewahren. Auch im heutigen Rätsel der Sphinx sollen diese Ehrbegriffe nicht durcheinandergewirbelt werden. Hier schlagen die Herren der Schöpfung ihre Schlachten, ohne von Evas Töchtern irritiert zu werden. Nun, Wanderer, der Nachziehende hatte zuletzt mit 1...g6-g5 darauf gehofft, nach Abzug des Läufers den Königsflügel mit h5-h4 blockieren zu können. Ob die große Rechnung aufging?



SCHACH-SPHINX/06481: Stolze Männergedankenwelt (SB)

Hermlin - Bertola
Fernpartie 1981

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Schäme sich wer will für seinen runden Bauch. Ein gutes Mahl vor dem Spiel hat mancher Partie erst Halt verliehen, und Meister Helling wurde sicherlich nicht von einem knurrenden Magen abgelenkt, als er mit 1...Kf8-g7! 2.Kd1-e1 Th8-d8 3.Th1-f1 De3-d2+ 4.Ke1-f2 Td8-d5! 5.Db5-c4 Td5-f5+ auch die geistigen Freuden sättigte. Schwarz gab auf, weil auf 6.Kf2-g1 Dd2-e3+ entschieden hätte.


Erstveröffentlichung am 24. Februar 2005

19. Februar 2018


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