Schon der Anfänger lernt, seinen König ins Rochadeeck zu schicken, ihn ja nicht in der Mitte zu lassen, so er gefährdet stünde und leicht das Opfer und die Beute eines gegnerischen Angriffs werden könnte. Ach, die Zahl der Partien, wo der König aufs Brett hinausgetrieben und fern der Heimat mattgesetzt wird, geht in die Tausende. Erst im Endspiel, so rät die Theorie, dürfe - nein! - müsse der König hinaus und sich am Kampf beteiligen. Der Veteran-Großmeister David Bronstein hatte jedoch eine ganz andere Meinung dazu. Alles sei relativ, so sein Credo seit jeher, und nur die besonderen Umstände einer Partie wären ausschlaggebend. In einem Turnier in der englischen Grafschaft Kent, in Maidstoner, spielte Bronstein denn auch die witzigste aller Partien, indem er seinen weißen König früh am Kampf teilnehmen ließ. Sein Kontrahent Hunt wurde seinem Namen jedenfalls nicht gerecht. Was vielleicht auch daran lag, daß sein eigener König auf e8 ebenfalls alles andere als sicher stand. Bronstein verstand es jedenfalls im heutigen Rätsel der Sphinx, die Exponiertheit eines Königs von einem anderen Gesichtspunkt aus zu beleuchten. Mit seinem nächsten Zug leitete er einen unparierbaren Angriff auf den schwarzen König ein, Wanderer.
Bronstein - Hunt
Maidstoner 1994
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Einmal nur hatte sich der Schwermütige einen ehrgeizigen Plan
ausgedacht, da wurde er auch schon heißblütig bestraft. Der ganze
erschwindelte Plan mit 1...Tg8-g5 scheiterte nämlich an 2.Ta7xc7! Nun
ging 2...Tg5xf5 nicht wegen 3.Se4xd6+, Grund genug für unseren
schwermütigen Schachfreund, den Kopf rasch wieder zurückzuziehen durch
eine Kapitulation.
Erstveröffentlichung am 5. Juli 2005
2. Juli 2018
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