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SCHACH-SPHINX/06886: Mit der Geduld eines Beichtvaters (SB)


Kaum ein anderer lebender Großmeister beherrscht die Kunst, aus kaum fühlbaren Stellungsvorteilen einen letztendlichen Sieg zusammenzuschustern, so excellent wie der Anatoli Karpow. Man ist immer wieder erstaunt, wie meisterlich sich Karpow zwischen den einzelnen Nuancen bewegen kann, wie gründlich und paralysierend er das gegnerische Gegenspiel ausschaltet, um dann, ebenso langsam voranschreitend, Zug um Zug, mit der Geduld eines Beichtvaters seine Ziele zu verwirklichen. Großes Schlachtengetöse wird man aus seinen Partien selten herausschallen hören. Gradlinigkeit ist das oberste Prinzip, dem er die Treue hält. Das heutige Rätsel der Sphinx zeigt die Stellung, nachdem sein Kontrahent Bukic mit den schwarzen Steinen aufgegeben hatte. Man ist verwundert und fragt sich, wie das sein kann, denn auf jeder Seite wurden erst je drei Figuren abgetauscht; und doch kam die Kapitulation nicht zu früh. Bukic war während der gesamten Partie - und das, obwohl er zur aggressiven Sizilianischen Verteidigung gegriffen hatte - nicht ein einziges Mal auch nur in den Genuß einer leichten Initiative gekommen. Nach und nach waren seine Pläne ad absurdum geführt worden, weil sie keine Angriffsfläche im weißen Lager fanden. Karpow hatte, ehe Bukic resignierte, 1.g3-g4 gezogen. Nun, Wanderer, welche Drohung lag in diesem Zug versteckt?



SCHACH-SPHINX/06886: Mit der Geduld eines Beichtvaters (SB)

Karpow - Bukic
Bugojno 1978

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Die Dominanz der schwarzen Streitmacht reichte für einen entscheidenden Angriff leicht und bequem aus, nachdem der ungarische Großmeister Gyula Sax die Pointen ausgespäht hatte: 1...f4-f3! 2.Td6xa6 Tg3xg2+ 3.Tf2xg2 Dg5-e3+! 4.Le1-f2 Tg8xg2+ 5.Dh1xg2 f3xg2! und Weiß gab auf wegen des Mattangriffs nach 6.Lf2xe3 Lh6xe3+ 7.Kg1-h2 g2-g1D+ usw.


Erstveröffentlichung am 4. April 2006

3. April 2019


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