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SCHACH-SPHINX/07095: Nie endender Mythos (SB)


Dem Schachhistoriker versalzt gerne der Mythologe die sauer recherchierten Ergebnisse. Hunderte von Unterlagen, Dokumenten und versteckten Andeutungen hat der Historiker gesichtet, dabei Texte in verschiedenen Sprachen, auch fast vergessenen, enträtseln müssen, ehe er nach mühsamer Kleinarbeit die Entstehungsgeschichte der Schachkunst rekonstruieren konnte. Ins fünfte oder sechste Jahrhundert unserer Zeitrechnung lassen sich die frühesten Wurzeln des Königlichen Spiels zurückverfolgen. Alles, was davor liegt, sind blindeste Vermutungen. Der Mythologe hingegen, der weniger auf Präzision sein Handwerk legt, widerspricht dem und beteuert mit Beharrlichkeit, daß bereits bis zu 3000 Jahre vor Christi Geburt zumindest Vorformen des Schachspiels existiert hätten. Seine Beweise lassen es an wissenschaftlicher Schärfe vermissen, was ihm jedoch kein Hinderungsgrund dafür ist, seine Thesen nichtsdestotrotz mit dem Nimbus des Unverfälschten zu umgeben. Offenbar scheint sich hier der hartnäckige Trotz ins Leben zu wälzen, daß alles, was auf einem Brett mit entfernt schachähnlichen Figuren gespielt wurde, in irgendeiner diffusen Weise auch damit verwandt sein müsse. Ob nun Ausgrabungen in Ägypten oder im Zweistromland, bereits eine kleine Tonscherbe, die ein Rechteck oder ein Netz aus waagerechten und senkrechten Linien zeigt, ist dem Mythologen Beleg für die von ihm geschätzte, wertallerliebste Meinung, daß Schachspiel müsse älter sein als sein Ruf. Die Partie im heutigen Rätsel der Sphinx weist nicht soviele Jahre auf, doch wer weiß, in Tausenden von Jahren mag ein Vergangenheitsforscher in der Notation den Beweis für einen außerirdischen Code vermuten. Also, Wanderer, konkret und überprüfbar gefragt: Wie nutzte Weiß seinen Stellungsvorteil für eine kombinatorische Pointe?



SCHACH-SPHINX/07095: Nie endender Mythos (SB)

Ligterink - Krpanec
Karlovac 1977

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Noch herrschte die stille Eintracht des Friedens auf dem Brett, doch bereits einen Augenblick später brannten alle Himmelsecken: 1.Te1xe6!! Lc8xe6 2.Td1-d7+ Kf7-g6 3.Lc4xe6 Sc6-e5 4.Sf3xe5+ Lb8xe5 5.Lc5-e3! - es droht 6.g2-g4 - 5...f6-f5 6.Le6-f7+ Kg6-f6 7.f2-f4! Le5xf4 - erzwungen, da sonst 8.Le3-d4+ folgt - 8.Le3xf4 Th8-f8 9.Lf7-b3 Tf8-e8 10.Td7-f7+ Kf6-g6 11.Tf7xb7 Te8-e2 12.Lb3-d5 und Schwarz gab das hoffnungslose Spiel gegen die weiße Bauerndominanz auf.


Erstveröffentlichung am 31. Oktober 2006

20. November 2019


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