Einen künstlerischen Anspruch können auch moderne Schachmeister nicht gänzlich ableugnen. Im hochhektischen Turnierbetrieb zählen zwar nur Siege, Niederlagen und Punkteteilungen, also Zahlenwerte, die gegeneinander aufgerechnet werden, doch ganz befriedigend ist das für einen Menschen natürlich nicht. Sein Schaffensdrang und Sinn fürs Außergewöhnliche streben stets über Grenzen hinweg. In früheren Zeiten wurde jener Meister mit Lob überschüttet, der seine Partien im Sturm glänzender Kombinationen gewann. Wer eine ruhige Kugel schob und mit gelegentlichen Siegen und vielen Remisen auf die vorderen Plätze kam, wurde zwar auch bedacht, das Herz des Publikums und aller Freunde des Königlichen Spiels brannte jedoch für den Angriffskünstler unter den Spielern. Im heutigen Rätsel der Sphinx wurde Weiß von dieser Leidenschaft gepackt. Ohne großen Aufwand hätte er nun mit 1.Sf5xg7 Gewinnstellung erreichen können. Antwortet Schwarz darauf mit 1...Se8xg7, folgt 2.Th1-h8+ mit weißem Turmgewinn, bei 1...Td7xg7 2.Sg5-e6+ geht die Qualität drauf und zuletzt scheitert auch 1...Kf8xg7 an 2.Th1-h7+ Weiß hatte jedoch etwas künstlerisch Hochwertiges im Auge, Wanderer.
Togonidze - Bilek
Tiflis 1960
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Eine sehenswerte Pattwendung gelang dem jungen Meister aus Riga, Aaron
Nimzowitsch, mit 1...Tc8-b8! Weiß hatte nichts besseres, als mit
2.Tb4xb8 einer Punkteteilung zuzustimmen.
Erstveröffentlichung am 25. März 2007
14. April 2020
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