Die Schachgesetze sagen, daß es einen kritischen Moment zum Aufsprengen der gegnerischen Stellung gibt. Wie aber diesen erkennen, damit er nicht ungeschehen verstreicht? Wer kann die Zahl an Partien ermessen, die gewissermaßen 'verschlossen' blieben, weil das Mattbild im Dickicht der Stellung sich dem suchenden Auge verbarg. Sicher ist, daß es eines kreativen Scharfblicks bedarf, um die zerstreuten Figuren auf ein Ziel hin zu sammeln. Geduld ist die Mutter jeder Mattkombination. Der Schachspieler benötigt sie, um Zug um Zug der Stellung ein siegreiches Gepräge zu geben. Indes kommt man ohne den Vater Erfindungswitz nicht aus, um die letzten entscheidenden taktischen Wendungen auszuspähen. Jede Kombination muß schließlich auf dem Brett neu entdeckt werden. Je höher der Schachverstand, desto geschärfter der gestaltende Sinn, im blinden Gefüge der Stellung ein Mattbild zu kreieren. Der geschulte Schachmeister überwindet diese Stufe durch Erfahrung, indem er das Geschehen seinem Willen unterwirft. Schwarz setzte im heutigen Rätsel der Sphinx Matt, nachdem er eine Deckfigur abgelenkt und mit einem weiteren Opfer die entscheidende Lücke zum König aufgerissen hatte, Wanderer.
Mann - Papp
Budapest 1956
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Die schwarze Festung ließ sich überfallartig mit 1.Ld3xh7+! aufreißen.
Nach 1...Kg8xh7 folgt 2.Lg5-f6! Und auch den zweiten Läufer muß der
Nachziehende herunterschlucken, nur daß er eben an diesem letzten
Brocken schließlich erstickt: 2...g7xf6 3.Dg4-h4+! Kh7-g8 4.Dh4-g3+
Kg8-h7 5.Te1-e4! und der Turm beendet die klassische und
lehrbuchmäßige Kombination.
Erstveröffentlichung am 10. Mai 2007
31. Mai 2020
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