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BERICHT/061: Image der skandinavischen Länder - Ikea, Sauna und das Legoland (idw)


Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 16.02.2010

Ikea, Sauna und das Legoland

Studierende der Universität Würzburg haben untersucht, welches Image die Länder Skandinaviens bei ihren Kommilitonen besitzen. Das Ergebnis: Trotz aller Differenzierungen bestimmen Klischees zum großen Teil das Denken. Und ein Möbelhaus übertrumpft Pippi Langstrumpf und alle Blondinen des Nordens.


Fällt der Name "Schweden", denken die meisten Menschen automatisch an Ikea. Das schwedische Möbelhaus wird sogar weitaus häufiger genannt als eher traditionelle Stereotype wie Pippi Langstrumpf, Elche und die gut aussehenden Blondinen, wenn Menschen nach ihren Assoziationen zu dem Staat in Europas Norden befragt werden.

Die Studie der Uni Würzburg

Das ist ein Ergebnis einer neuen Studie, für die Studierende der Universität Würzburg ihre Kommilitonen nach deren Assoziationen zu den Ländern Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland befragt haben. Die angehenden Geografen untersuchten, wie Bilder und Vorstellungen von Ländern und Städten entstehen und welche Rolle dabei Faktoren spielen wie beispielsweise die Herkunft, persönliche Erfahrungen, Medien oder Musik. Geleitet wurde die Untersuchung von Daniel Schrödl, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Geografischen Institut der Universität.

Auch wenn Ikea über allem steht: Der hohe Norden wird von den 738 Befragten durchaus differenziert gesehen. Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland: Jedes Land hat seinen eigenen Ruf, für jedes fallen die Assoziationen anders aus.

Bestnoten für Schweden

Schweden schneidet dabei am Besten ab. Das Land ist beliebter als seine Nachbarn, gilt als sympathisch und modern; über seine Bewohner herrscht die Meinung, dass es sich um herausragend gut aussehende, kreative und weltoffene Menschen handelt. "Schweden ist das nordeuropäische Land der Kultur und des Konsums, der attraktiven Menschen und attraktiven Marken", beschreibt Daniel Schrödl das Ergebnis der Befragung.

Hartes Leben in Finnland

Ganz anders das Bild, das sich deutsche Studierende von Finnland machen: Mit diesem Land verbinden sie harte Lebensbedingungen und weite Natur, aber auch - dank Nokia und dem exzellenten Abschneiden in der Pisa-Studie - Bildung und Hightech. Dementsprechend heißen die häufigsten Assoziationen zu Finnland: Sauna, Kälte, Seen und Nokia. Die Vorstellung vom Land färbt anscheinend auf das Bild seiner Bewohner ab: Wer dort lebt, kann - im Auge der Befragten - nicht allzu stilvoll und sympathisch sein.

Öl und Fisch in Norwegen

Das Norwegen-Image wird von der Vorstellung beeindruckender Naturlandschaften, kalter klimatischer Bedingungen und Wohlstand durch Erdöl und Fisch geprägt. Die dazu gehörigen Assoziationen lauten: Fjorde, Kälte, Schnee und Erdöl. "Norwegen wird als sehr attraktives, aber auch sehr teures Reiseland mit vielen touristischen Highlights wahrgenommen", sagt Schrödl. Seine Bewohner gelten als traditionell und gemütlich; Kreativität oder gar Innovationsgeist wird ihnen selten zugeschrieben.

Urlaubsland Dänemark

Und Dänemark? Hier bestimmen anscheinend Urlaubserinnerungen das Bild. Jedenfalls fallen in diesem Zusammenhang am häufigsten die Assoziationen Kopenhagen, Legoland, Strand und Urlaub. Dazu passt, dass Dänen als gemütlich gelten. An einen sportlichen, gut aussehenden Dänen mussten die Befragten nur sehr selten denken. Auch Aspekte aktueller dänischer Kultur, Politik und Wirtschaft wurden auffallend selten genannt. "Trotz geographischer Nähe scheint das heutige Dänemark weitgehend unbekannt", sagt Schrödl.

Deutliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen

Sehen das alle Studienteilnehmer so? Glücklicherweise nein. "Nicht alle Schweden-Fans leiden am Bullerbü-Syndrom und nicht alle Dänemark-Freunde verbinden mit unseren nördlichen Nachbarn ausschließlich Märchen und Meeresjungfrauen", sagt Daniel Schrödl. Deutliche Unterschiede finden sich beispielsweise zwischen Männern und Frauen.

"Frauen finden den Zugang zu den nordeuropäischen Ländern häufig über Kultur und Konsum", sagt Schrödl. Kunst, Design, Musik, Film, Literatur und Mode spielen für sie eine wichtige Rolle. Ihr Wissen, das sie über diese Wege erwerben, zieht somit ein vergleichsweise vielfältiges und konkretes Bild von den nordischen Ländern nach sich.

Anders die Männer: Sie können häufig gar nichts mit dem Norden assoziieren oder greifen auf Stereotype zurück wie die hübschen Schwedinnen, Ikea und die Elche. Weil ihr Interesse mehr den sportlichen und wirtschaftlichen Seiten eines Landes gilt, dringt das tatsächliche Potenzial skandinavischer Länder kaum zu ihnen durch.

Reales Erleben verändert das Bild

So viele Vorurteile, so viele Klischees. Da beruhigt doch immerhin ein Befund der Untersuchung, der besagt: Haben Menschen ein Land einmal selbst kennen gelernt, bewerten sie es in der Regel deutlich positiver beziehungsweise realistischer als andere, die ihr Wissen einzig aus zweiter Hand beziehen.

Wer jemals durch Norwegen gereist ist, findet die Norweger deutlich sympathischer und erfolgreicher; wer Finnland kennt, hält Finnen für weltoffener. Pech für die Schweden: Bei Kennern des Landes verblasst leider auch das Bild von den blauäugigen, blonden Schönheiten. Wer jemals ein paar Wochen in Schweden verbracht hat, assoziiert "gut aussehend" deutlich seltener mit seinen Bewohnern im Vergleich zu Menschen, die ihr Wissen rein aus Medien oder Erzählungen ziehen.

Sogar das Wetter wird mit anderen Augen gesehen. "Während im Allgemeinen 'Kälte' eine der ersten Assoziationen junger Deutscher zu Nordeuropa ist, fällt der Begriff deutlich seltener bei all denen, die schon mal dort gewesen sind", sagt Daniel Schrödl. Vielleicht ist der Norden Europas ja gar nicht so kalt wie von Vielen angenommen?

Weitere Informationen unter:
http://www.human.geographie.uni-wuerzburg.de/fileadmin/04140200/mitarbeiter/schroedl/Das_Image_des_Nordens.pdf

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter der WWW-Adresse:
http://idw-online.de/pages/de/attachment2186
Die Studie "Das Image des Nordens" (PDF, 2,4 MB)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution99


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Gunnar Bartsch, 16.02.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Februar 2010