Universität Zürich - 03.03.2016
Netzwerke im Gehirn verraten wahre Motive
Oft ist es schwierig, das Verhalten einer Person nachzuvollziehen, da die wahren Motive dem Beobachter verborgen bleiben. Nun zeigen Forschende der Universität Zürich erstmals, wie Motive anhand der Verknüpfung ihrer Netzwerke im Gehirn identifiziert werden können. Sie haben zudem entdeckt, dass egoistische Personen auf empathische Motive reagieren.
Um das menschliche Verhalten zu verstehen, ist es entscheidend, die
darunterliegenden Verhaltensmotive zu kennen. Diese lassen sich aber weder
durch direkte Beobachtung noch durch nachträgliche Befragung zuverlässig
erheben. Motive gelten als sehr persönlich und viele Personen sind bei
Befragungen entsprechend zurückhaltend - oder sie sind sich ihrer wahren
Motive gar nicht bewusst. Nun ist es Grit Hein und Ernst Fehr vom
Department of Economics der Universität Zürich zusammen mit Yosuke
Morishima, Susanne Leiberg und Sunhae Sul gelungen, solche Motive zu
identifizieren. Die Forschergruppe fand heraus, dass aktive Netzwerke im
Gehirn unterschiedlich interagieren, je nachdem welche Motive ein
Verhalten leiten.
Im Rahmen der Studie wurden die Probanden in einem Hirnaktivitäts-Scanner aufgefordert, altruistische Entscheidungen zu treffen. Diese erfolgten entweder durch ein Motiv für empathisches Verhalten - dem Wunsch, jemandem zu helfen, für den man Empathie empfindet -, oder durch ein «Reziprozitätsmotiv»: Dem Wunsch, die vorangehende Freundlichkeit einer Person zu erwidern. Betrachtete man nur die funktionale Aktivität der Gehirnareale, so zeigten sich keine Unterschiede, die auf darunterliegende Motive hätten schliessen lassen. In beiden Settings leuchteten dieselben Areale auf. «Mit der Dynamic-Causal-Modeling-Analyse konnten wir die Verbindungen zwischen Gehirnarealen messen und zwei unterscheidbare funktionale Netzwerkarchitekturen erkennen», erklärt Grit Hein. «Die Wirkung von Motiven auf das Zusammenspiel der verschiedenen Gehirnregionen ist so ausgeprägt, dass wir die Motive einer Person danach klassifizieren.»
Die UZH-Forscherinnen und Forscher machten bei Ihrer Arbeit eine weitere interessante Entdeckung: Bei egoistischen Personen führte das Motiv für empathisches Verhalten, nicht aber das «Reziprozitätsmotiv», zu mehr altruistischen Entscheiden. «Aktiviert man das Motiv für Empathie, so ähneln sich egoistische Personen in ihrem Verhalten und in ihren neuronalen Netzen den bedingungslosen Altruisten», sagt Grit Hein. Im Gegensatz dazu erhöht sich bei grundsätzlich altruistischen Personen die Anzahl der altruistischen Entscheidungen nur durch die Aktivierung des «Reziprozitätsmotivs» und nicht durch die Aktivierung des empathischen Motivs.
Literatur:
Grit Hein, Yosuke Morishima, Susanne Leiberg, and Ernst Fehr.
The brain's functional network architecture reveals human motives.
Science. March 3, 2016.
doi: 10.1126/science.aac7992.
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Zürich, Nathalie Huber, 03.03.2016
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. März 2016
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