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MELDUNG/114: Sorgenkinder des Universum-Boxstalls (SB)



Sebastian Zbik in handfeste Auseinandersetzung verwickelt

Eine handfeste Auseinandersetzung während der Feier zum 80. Geburtstag seiner Großmutter am vergangenen Wochenende könnte Sebastian Zbik große Probleme bereiten. Der Staatsanwaltschaft in Neubrandenburg liegen fünf Anzeigen gegen Gäste dieser Feier wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung vor. "Auch gegen Sebastian Zbik wurde Anzeige gestellt", teilte Oberstaatsanwalt Gerd Zeisler mit. Bereits im Vorfeld der Feier in Neubrandenburg soll es in der Verwandtschaft Zerwürfnisse gegeben haben. Zbik hat sich offenbar erst gegen Ende an den Handgreiflichkeiten beteiligt.

Am 17. April hatte Interimsweltmeister Sebastian Zbik seinen WBC-Titel im Mittelgewicht durch einen Punktsieg gegen den Italiener Domenico Spada erfolgreich verteidigt und seine makellose Bilanz auf 29 gewonnene Auftritte verbessert. Wann der 28jährige mit einem Kampf um die offizielle Weltmeisterschaft rechnen kann, blieb jedoch ungewiß. Daß wenige Stunden später Kelly Pavlik in Atlantic City überraschend die Titel der Verbände WBC und WBO im Mittelgewicht an den argentinischen Herausforderer Sergio Gabriel Martinez verlor, machte die Situation noch unüberschaubarer für den Schweriner, der seinen Status als Interimschampion mit "weder Fisch noch Fleisch" umschrieb.

Für den Hamburger Universum-Boxstall ist der Vorfall in Neubrandenburg eine weitere höchst unerfreuliche Nachricht, nachdem bereits mit Vitali Tajbert ein bei ihm unter Vertrag stehender Boxer in eine Schlägerei verwickelt war, die staatsanwaltliche Ermittlungen nach sich zog. Ende Dezember hatte der 27 Jahre alte Weltmeister im Superfedergewicht einen 23jährigen Kontrahenten niedergeschlagen und lebensgefährlich verletzt. Laut Polizeibericht war es zu einem Streit zwischen den beiden Männern gekommen, in dessen Verlauf Tajbert seinen Gegner mit einem Faustschlag niederstreckte. Der 23jährige mußte mit schweren Kopfverletzungen in ein Krankenhaus gebracht werden. Ob das Opfer die Verletzungen unmittelbar durch den Schlag oder durch den anschließenden Sturz auf den Boden erlitt, war zunächst unklar. Gegen Vitali Tajbert wurde daraufhin wegen Körperverletzung ermittelt.

An den Auseinandersetzungen bei einer russischen Nacht in der Diskothek "The Paris Club" hatten sich zahlreiche Besucher beteiligt. Polizisten forderten Verstärkung an, um die teilweise betrunkenen Kontrahenten trennen zu können. Verletzt wurden neben dem 23jährigen noch zwei Männer im Alter von 20 und 26 Jahren. Erste Atemalkoholtests ergaben bei Tajbert und seinem Kontrahenten zwischen einem und 1,5 Promille.

Vitali Tajbert galt bis zu diesem Vorfall als Vorzeigesportler. Er wurde in Kasachstan geboren, kam mit zehn Jahren nach Deutschland und lebte zunächst im Aussiedlerheim. Im wahrsten Sinn des Wortes kämpfte er sich nach oben, denn neben den Erfolgen im Boxsport schaffte er auch einen Schulabschluß und absolvierte eine Druckerlehre. Tajbert hatte sich an dem Integrationsprojekt "Boxen im Osten" beteiligt, bei dem Jugendliche durch den Sport Aggressionen überwinden und sich neue Ziele stecken sollen. Dort galt der siebenmalige Deutsche Meister als Vorbild, das den Weg von der Straße in eine erfolgreiche Karriere geschafft hat. Vitali Tajbert war bereits vor drei Jahren der Polizei negativ aufgefallen, als er betrunken mit seinem Auto durch Stuttgart raste. "Ich habe nie geklaut oder mit Drogen zu tun gehabt", sagte Tajbert im November 2009 in einem Interview. "Aber die eine oder andere Schlägerei hatte ich."

Größtes Sorgenkind Promoter Klaus-Peter Kohls bleibt unterdessen Jürgen Brähmer, der am letzten Wochenende in der Sporthalle Hamburg seinen WBO-Titel im Halbschwergewicht souverän gegen Mariano Nicolas Plotinski aus Argentinien verteidigt hat. Durch seine zweite erfolgreiche Titelverteidigung verbesserte der 31jährige Schweriner seine Bilanz auf 37 Siege bei zwei Niederlagen.

Dieser sportliche Erfolg wird von einer drohenden Gefängnisstrafe überschattet, da Brähmer Anfang Januar vor dem Schweriner Amtsgericht zu 16 Monaten Haft wegen Beleidigung und Körperverletzung verurteilt worden ist. Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die Staatsanwaltschaft ficht es wegen eines Formfehlers des Gerichts bei der Strafbemessung an. Die Verteidigung hält den Richter für befangen und drängt auf einen Freispruch. Der Prozeß soll vor der Kleinen Strafkammer des Schweriner Landgerichts neu aufgerollt werden, wobei der Termin noch nicht feststeht.

Brähmer kämpft weiter für einen Freispruch, wobei sein Verteidiger Dr. Stefan König, Vorsitzender des Strafrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins, geltend macht, daß die Ergebnisse der Beweisaufnahme seines Erachtens im Prozeß falsch wiedergegeben wurden. So leicht werde es sich das Berufungsgericht nicht machen, sagte König. Derzeit gelte Jürgen Brähmer als unschuldig und könne seinem Beruf nachgehen wie jeder andere. Man sei zuversichtlich, daß am Ende des Verfahrens ein Freispruch stehen wird.

28. April 2010