Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

MELDUNG/750: Wenig überzeugender Arbeitssieg für Tomasz Adamek (SB)



Zäher Nagy Aguilera zwingt ihm Gang über die volle Distanz ab

Am 10. September 2011 scheiterte der Pole Tomasz Adamek beim Versuch, WBC-Weltmeister Vitali Klitschko den Titel im Schwergewicht abzujagen. Vor 43.500 Zuschauern im neuerrichteten Fußballstadion Miejski in Wroclaw (Breslau) unterlag er durch technischen K.o. in der zehnten Runde. Der 40jährige Ukrainer dominierte in einem einseitigen Kampf fast ausnahmslos das Geschehen im Ring und ließ dem sechs Jahre jüngeren Herausforderer keine Chance, sich in Szene zu setzen. Damit standen für den früheren Weltmeister im Halbschwer- und Cruisergewicht 44 Siege und zwei Niederlagen zu Buche.

Nach einer längeren Pause ist Tomasz Adamek nun in den Ring zurückgekehrt. Er traf dabei in Brooklyn auf Nagy Aguilera, der Samuel Peter nach zwei und Chris Arreola nach drei Runden unterlegen war, so daß er als handhabbare Aufgabe für den Polen galt. Adamek gedachte in diesem Duell zu demonstrieren, daß er für einen erneuten Vorstoß in die erste Garde hinter den Klitschkos gerüstet ist. Für den Sommer ist ein Kampf Adameks gegen Arreola oder Seth Mitchell im Gespräch, doch wie sich nun zeigte, steht dem Polen noch reichlich Trainingsarbeit ins Haus, will nicht als klarer Außenseiter in eines dieser Duelle gehen.

Der mittlerweile 35 Jahre alte Adamek hatte über weite Strecken beträchtliche Mühe, seinen zähen Gegner einzuschränken, bis am Ende ein schmeichelhaft klarer Punktsieg (99:91, 100:90, 100:90) für ihn heraussprang. Während es dem Favoriten in der ersten Runde noch gut gelungen war, Aguilera leichtfüßig zu umkreisen und mit seinem schnellen Jab auf Abstand zu halten, drehte der US-Amerikaner im zweiten Durchgang den Spieß um. Er marschierte auf seinen Kontrahenten los und brachte ihm einige Treffer bei, die offensichtlich für Irritationen sorgten. In der folgenden Runde setzte sich dieser Verlauf fort, da Adamek nicht gerade robust wirkte, sich den Angriffen kaum entziehen konnte und wiederum Bekanntschaft mit den Fäusten seines Gegners machte.

Erst kurz vor Ende des vierten Durchgang konnte sich der Pole erstmals überzeugend in Szene setzen, als er mit einem gefährlichen linken Haken durchkam, der Wirkung bei Aguilera hinterließ. Als Adamek nachsetzen und eine frühe Entscheidung erzwingen wollte, kam ihm der Gong zur Pause in die Quere. Aguileras Ecke war klar, daß man mit der drohenden Niederlage vor Augen dem Druck des Gegners unbedingt Paroli bieten mußte, und so kam es in der fünften Runde zur Freude des Publikums zu einem offenen Schlagabtausch. Danach bestimmte Adamek zunehmend das Geschehen im Ring, während der US-Amerikaner kaum noch aus der Defensive kam und diverse Treffer einstecken mußte.

Wie sich nun einmal mehr herausstellte, ist Tomasz Adamek als Aufsteiger ins Schwergewicht zwar wendiger und schneller als die meisten seiner körperlich überlegenen Gegner, aber kaum in der Lage, einen robusten Kontrahenten auf die Bretter zu schicken. Aguilera konnte zwar keine Akzente mehr setzen, hielt aber tapfer dagegen und steckte alles weg, was der Pole aufzubieten hatte. Wenngleich dessen Punktsieg unbestritten war, blieb es doch unter dem Strich ein recht mühsamer und wenig überzeugender Gang über die volle Distanz.


*


Sergei Liachowitsch auf dem absteigenden Ast

Die Tage Sergei Liachowitschs als zeitweiliger Weltmeister im Schwergewicht verblassen mit jedem weiteren Auftritt des in den USA lebenden Weißrussen. Im August 2011 mußte sich der inzwischen 35jährige dem aufstrebenden Finnen Robert Helenius aus dem Berliner Sauerland-Boxstall durch technischen K.o. geschlagen geben. Einen für Januar 2012 geplanten Kampf gegen Eddie Chambers sagte Liachowitsch ab. Er traf nun in einem auf zehn Runden angesetzten Duell auf den 27jährigen US-Amerikaner Bryant Jennings, der erst seit zwei Jahren im Profigeschäft mitzumischen versucht.

Liachowitsch hatte von Beginn an Probleme mit seinem athletischen Gegner, der ihn ständig unter Druck setzte und mit variablen Schlägen einen guten Eindruck machte. In der fünften Runde war der Weißrusse nach einer Kombination seines Gegner sichtlich angeschlagen, und gegen Ende seines enttäuschenden Auftritts bekam er so heftige Treffer ab, daß in der neunten Runde die vorzeitige Entscheidung fiel. Wieder verpaßte der US-Amerikaner dem Kontrahenten schwere Schläge, bis der Referee auf Anraten des Ringarztes einschritt und den ungleichen Kampf abbrach.

Berücksichtigt man, daß Jennings zwar als Profiboxer in den Ring steigt, doch nebenbei einen anderen Beruf in Vollzeit ausübt, ist seine Leistung gegen den früheren Weltmeister um so bemerkenswerter. Der bislang bedeutendste Sieg in der jungen Karriere des Schwergewichtlers aus Philadelphia dürfte ihm wohl den Einzug unter die Top 15 in der einen oder anderen Rangliste bescheren. Hingegen sieht es für Sergei Liachowitsch zunehmend düster aus, der nur noch von dem Ruhm vergangener Tage zehrt und diesen nach der Niederlage in Brooklyn nahezu aufgebraucht hat.

25. März 2012