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MELDUNG/838: Viererturnier der IBF ermittelt Herausforderer Wladimir Klitschkos (SB)




Pulev und Solis, Adamek und Ustinow als Teilnehmer benannt

Machten sich nach der Niederlage des Pflichtherausforderers Tony Thompson gegen Weltmeister Wladimir Klitschko die bestplazierten Kandidaten in der IBF-Rangliste Hoffnungen, automatisch an die Spitze vorzurücken, so hat der Verband einen Strich durch diese Rechnung gemacht. Die International Boxing Federation setzt wie schon mehrfach in der Vergangenheit ein Miniturnier mit vier Teilnehmern an, dessen Sieger nächster offizieller Herausforderer des Ukrainers werden soll. Daß nicht schlichtweg dem führenden Boxer der Rangliste dieses Vorrecht zusteht, wie das früher Praxis war, sondern die Turnierform vorgeschaltet wird, ist wie eine Reihe weiterer Modifikationen seitens der Weltverbände in erster Linie dem Zweck geschuldet, das Geschäft künstlich anzukurbeln und die eigenen Einkünfte zu mehren.

Qualitativ höherwertig oder auch nur attraktiver wird der professionelle Boxsport dadurch nicht, zumal ein breiteres Publikum die Inflation der Titel und Sonderkonditionen weniger denn je nachvollziehen kann. Das wird sich auf längere Sicht als verhängnisvoll erweisen, da in immer schnellerer Taktfolge vorgebliche Spektakel aus dem Hut gezaubert werden, die Höherwertigkeit vorgaukeln, indem sie die breite Mehrheit der Akteure und Ereignisse zur Banalität degradieren.

Der Pferdefuß eines solchen Turniersystems im Profiboxen ist die zeitliche Dauer, da zwischen den einzelnen Kämpfen jeweils etliche Monate verstreichen. Dadurch geht in der Regel die erhoffte Zuschauerbindung verloren, da von Experten abgesehen über derart lange Strecken kaum jemand mitverfolgt, daß immer noch derselbe Wettbewerb im Gange ist. Noch schwerwiegender wiegt die Gefahr, daß durch zwischenzeitliche Verletzungen, Streitigkeiten der Promoter und günstigere Alternativen für den einen oder anderen Teilnehmer Verschiebungen oder Absagen nie auszuschließen sind, die den Turniermodus obsolet machen.

Im nun von der IBF festgelegten Quartett trifft in der ersten Runde der Bulgare Kubrat Pulev (Nummer 3) auf den Kubaner Odlanier Solis (Nummer 5) und der Pole Tomasz Adamek (Nummer 4) auf den Weißrussen Alexander Ustinow (Nummer 6). Pulev, der beim Berliner Promoter Sauerland Event unter Vertrag steht, ist in 16 Profikämpfen ungeschlagen und amtierender Europameister im Schwergewicht. Solis steigt mit einer Bilanz von 18 Siegen und einer Niederlage für den Arena-Boxstall in den Ring. Der in New Jersey lebende Adamek ist mit 46 gewonnenen und zwei verlorenen Auftritten der mit Abstand erfahrenste Akteur des Turniers. Er hat seine Teilnahme noch nicht bestätigt und prüft sicherlich, ob er nicht auf einem anderen Weg rascher zu dem angestrebten Titelkampf mit Wladimir Klitschko kommt. Ustinow ist in 27 Kämpfen ungeschlagen und steht bei der Promotion K2 der Klitschkos unter Vertrag.

Ob Wladimir Klitschko jemals gegen den Turniersieger antritt, steht in den Sternen. Da der Ukrainer Superchampion der WBA und WBO sowie regulärer Weltmeister der IBF und IBO ist, hat er diverse Pflichtverteidigungen zu absolvieren. Abgesehen davon sucht er sich die Gegner vorzugsweise nach seinen eigenen Kriterien aus, unter denen die Vermarktbarkeit des Herausforderers an erster Stelle steht. Ohnehin vermag niemand zu sagen, wie die Konstellation im nächsten Jahr beschaffen sein wird.

Odlanier Solis, der nach der Niederlage gegen Vitali Klitschko aufgrund einer Knieverletzung in der ersten Runde eine Pause von vierzehn Monaten einlegen mußte, setzte sich bei seiner Rückkehr in den Ring im Mai nach Punkten gegen den ebenfalls für Arena antretenden Konstantin Airich durch. Dieser Sieg über den Intercontinentalchampion der IBF bescherte dem Kubaner den günstigen Ranglistenplatz, der ihm nun die Turnierteilnahme ermöglicht. Allerdings bekommt es der 32jährige Solis mit einem ambitionierten Gegner zu tun. Kubrat Pulev hat Alexander Dimitrenko im Kampf um die Europameisterschaft besiegt und dabei eine überzeugende Vorstellung geboten.

Wie Promoter Ahmet Öner einräumt, hat Pulev den Kubaner im Jahr 2002 bei einem Amateurturnier geschlagen. Allerdings habe das Turnier in Bulgarien stattgefunden und sei nur ganz knapp zugunsten des Lokalmatadors ausgegangen. Damit sei genug über den Ausgang dieses Duells gesagt. Beim Ausscheidungskampf werde es hoffentlich neutrale Offizielle geben, wofür die IBF sicher sorgen wird. Langweilige Siege der Klitschkos und umstrittene Urteile seien jene beiden Ärgernisse, die man beim Boxen am allerwenigsten brauche, bricht Öner einmal mehr eine Lanze für Solis, den er für den einzigen ernstzunehmenden Herausforderer der Ukrainer hält.

12. Juli 2012