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MELDUNG/1012: Welchen Weg zum Titelkampf wählt Tomasz Adamek? (SB)




Polnischer Schwergewichtler wägt seine Optionen ab

Die internationale Schwergewichtsszene wird bekanntlich seit Jahren von den Klitschkos dominiert. Ein Ende dieser Ära ist nicht abzusehen, wohl aber der Abschied Vitali Klitschkos, der 2014 aller Voraussicht nach nicht mehr im Ring stehen wird. Wenngleich kursierende Signale, wonach der WBC-Weltmeister in diesem Jahr noch einen Abschiedskampf bestreiten will, noch nicht offiziell bestätigt sind, rechnet man doch inzwischen mit einem vermutlich letzten Auftritt des Ukrainers im Sommer. Dann nämlich legt das ukrainische Parlament eine ausgiebige Ferienzeit ein, die Klitschko Gelegenheit gäbe, sich wie üblich in seinem österreichischen Trainingslager in Going zusammen mit seinem Trainer Fritz Sdunek vorzubereiten. Sollte es tatsächlich dazu kommen, dürfte die Wahl auf einen namhaften Herausforderer fallen, der Klitschko die Möglichkeit böte, seine Karriere mit einem spektakulären Auftritt vor großer Kulisse zu beenden.

Unterdessen hat Superchampion Wladimir Klitschko grünes Licht von der WBA bekommen, den vom Verband angemahnten Kampf gegen den regulären Weltmeister und Pflichtherausforderer Alexander Powetkin auf Mitte des Jahres zu verschieben. Der Titelträger der Verbände WBA, IBF, WBO und IBO möchte seine Gürtel am 6. April freiwillig verteidigen, womit er zahlreiche mögliche Kandidaten auf den Plan gerufen und entufernde Spekulationen ausgelöst hat. Wenngleich das ukrainische Brüderpaar mit seiner Gegnerwahl schon manchen prognostischen Expertenstreit in Makulatur verwandelt hat, spricht doch alles dafür, daß man Tomasz Adamek von der Liste streichen kann.

Zwar ist der frühere Weltmeister im Halbschwer- und Cruisergewicht nach wie vor fest entschlossen, sich auch in der Königsklasse einen Gürtel umzulegen, doch weiß er aus bitterer Erfahrung, wie schnell sich der vermeintliche Glücksgriff eines lukrativen Titelkampfs in einen Karriereknick verwandeln kann. Der in New Jersey lebende Pole hatte sich nach seinem Aufstieg ins Schwergewicht in einer Reihe von Kämpfen gegen körperlich überlegene Kontrahenten durchgesetzt bis er schließlich im September 2011 auf Vitali Klitschko traf, gegen den er aussichtslos unterging. Nach diesem demoralisierenden Rückschlag legte der 36jährige eine längere Pause ein, bevor er einen zweiten Anlauf in Angriff nahm. Seither hat er vier Kämpfe gewonnen, doch waren seine Leistungen eher durchwachsen als souverän. Zuletzt besiegte der Pole mit Eddie Chambers und Steve Cunningham zwei durchaus namhafte Kontrahenten, wobei in beiden Fällen die Punktsiege zumindest aus Sicht seiner Gegner höchst umstritten waren. Diese Ausgangslage läßt darauf schließen, daß Adamek noch einige Zeit braucht, um mit gewissen Erfolgsaussichten an die Tür des Weltmeisters zu pochen.

Ein Weg zum Titelkampf führt für Tomasz Adamek über die IBF. Der Verband hat einen Ausscheidungskampf zwischen ihm und dem Bulgaren Kubrat Pulev anberaumt, dessen Sieger neuer Pflichtherausforderer Wladimir Klitschkos sein soll. Der bei Sauerland Event unter Vertrag stehende Pulev ist eine harte Nuß, hat er doch nicht nur seine 17 Profikämpfe allesamt gewonnen, sondern dabei unter anderem den riesigen Weißrussen Alexander Ustinow besiegt, die bis dahin selbst als Titelanwärter gehandelt worden war. Wenngleich der Bulgare einem breiteren Publikum noch nicht allzu bekannt sein dürfte, vereint er doch solide technische Fertigkeiten mit kämpferischen Qualitäten und kann auch körperlich überlegene Gegner auf die Bretter schicken.

Adamek, der 48 Profikämpfe gewonnen und zwei verloren hat, will jüngsten Meldungen zufolge offenbar nicht gegen Kubrat Pulev antreten. Allerdings verhandelt dessen Promoter Kalle Sauerland derzeit noch mit Adameks Promoterin Kathy Duva und hat sich dem Vernehmen nach sogar bereiterklärt, den Kampf in Polen auszutragen. Unterdessen hat Tomasz Adamek angekündigt, er ziehe es vor, in New York gegen den Sieger der Revanche zwischen Johnathon Banks und Seth Mitchell anzutreten. Die beiden treffen am 16. Februar in Atlantic City zu einem Rückkampf aufeinander, nachdem sich Banks bei ihrer ersten Begegnung im Ring zur allgemeinen Überraschung bereits in der zweiten Runde durchgesetzt hatte.

Man kann wohl davon ausgehen, daß Tomasz Adamek beim WBC leichter einen weiteren Titelkampf zu bekommen glaubt. Da der Pole weit erfahrener als Mitchell ist und Banks schon einmal besiegt hat, stünden seine Aussichten nicht schlecht, eine der vordersten Positionen in der WBC-Rangliste zu erobern. Der Verband hat noch einen zweiten Ausscheidungskampf angesetzt, bei dem am 9. März Chris Arreola und Bermane Stiverne aufeinandertreffen. Sollte Vitali Klitschko nur noch einen Kampf bestreiten und daraufhin die Boxhandschuhe endgültig an den Nagel hängen, könnte Adamek Ende des Jahres um den vakanten WBC-Titel kämpfen.

5. Februar 2013