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MELDUNG/1024: Vom Fuchs und den Trauben (SB)




Trainer des verschmähten Fres Oquendo zieht über die Klitschkos her

In einer dem griechischen Dichter Äsop zugeschriebenen Fabel zeigt sich ein Fuchs verächtlich über die Trauben, die er nicht erreichen kann: "Der Fuchs biß die Zähne zusammen, rümpfte die Nase und meinte hochmütig: Sie sind mir noch nicht reif genug, ich mag keine sauren Trauben. Erhobenen Hauptes stolzierte er in den Wald zurück." Um sich nicht eingestehen zu müssen, daß er die Trauben nicht erreichen kann, behauptet der Fuchs, sie gar nicht erreichen zu wollen.

Kommen wir zu dem US-amerikanischen Schwergewichtler Fres Oquendo, der noch vor kurzem nichts unversucht ließ, sich Wladimir Klitschko als optimaler Herausforderer für dessen freiwillige Titelverteidigung im April oder Mai anzupreisen. Da dieses Vorhaben, einen lukrativen Kampf um die Weltmeisterschaft mit dem Ukrainer herbeizureden, inzwischen als gescheitert gelten darf, zieht Oquendos Trainer und Manager Tom Tsatas in einer verbalen Kehrtwende über die Klitschkos her. Wie im Falle fast aller Kandidaten, die der Champion verschmäht hat, greift auch der Coach aus dem 5th Street Gym in Miami auf die abgestandene Behauptung zurück, das ukrainische Brüderpaar habe Angst vor seinem Schützling.

Wie Tom Tsatas berichtet, habe man ihn auf Nachfrage wissen lassen, daß der Sender RTL einem Kampf gegen Fres Oquendo nicht zustimmen würde. Wieso in aller Welt akzeptiere man Leute wie Hasim Rahman, Albert Sosnowski oder Dereck Chisora, nicht aber einen Herausforderer, der 300 Runden gekämpft und noch nie durch Knockout verloren hat? Selbst die namhaftesten Gegner hätten allenfalls knapp und nicht selten umstritten gewonnen, darunter sieben Weltmeister, von denen etliche Kandidaten für die Hall of Fame waren. Das sollte doch wohl ein Boxer sein, der als Herausforderer in Frage kommt, so der Trainer.

Dann kommt Tsatas auf eine jener Geschichten zu sprechen, die zu Dutzenden kursieren, doch nie mit letzter Sicherheit bestätigt worden sind. Etliche Sparringspartner der Klitschkos haben hinter demonstrativ vorgehaltener Hand in irgendein Mikrofon erzählt, sie hätten Vitali oder Wladimir zu Boden geschlagen oder zumindest gesehen, wie ein anderer sie auf die Bretter geschickt habe. Bei solchen Berichten ist weniger die Frage, ob solche Vorfälle tatsächlich stattgefunden haben - was durchaus wahrscheinlich ist -, als vielmehr, ob der jeweilige Geschichtenerzähler wirklich dabei war. Die allermeisten Boxer wahren aus gutem Grund Stillschweigen über die Abläufe in der Sparringsphase, die ein Vertrauensverhältnis im Team erfordert. Einzelheiten der Vorbereitung an die Öffentlichkeit und damit auch ins gegnerische Lager dringen zu lassen, wäre ein grober Verstoß gegen den Kodex und könnte dazu führen, daß ein solcher Informant künftig geschnitten und nie wieder verpflichtet wird.

Tsatas behauptet, er habe bislang aus Respekt nicht darüber gesprochen, was 2011 beim Sparring zwischen Vitali Klitschko und Fres Oquendo vorgefallen sei, als sich der Ukrainer auf seine Titelverteidigung gegen Tomasz Adamek vorbereitete. Klitschko habe große Probleme mit Oquendo gehabt und nie länger als zwei Runden am Stück mit ihm Sparring gemacht. Fres habe dem Champion nicht nur ein blaues Auge verpaßt, sondern ihn sogar trotz Kopfschutz und Trainingshandschuhen niedergeschlagen. Dafür gebe es Zeugen, die er jedoch nicht namentlich nenne, weil die meisten Klitschkos Team angehörten. Wer ihm nicht glaube, könne David Haye fragen, weil der jemanden kenne, der es gesehen hat. Damals habe er alles abgestritten, erklärt Tsatas weiter. Da sich die Klitschkos jedoch entschlossen hätten, sich hinter ihrem Fernsehsender RTL zu verstecken, sollten alle wissen, daß sie Feiglinge sind.

Nach den Ausfällen gegen die Klitschkos holt Tom Tsatas gleich noch verbal gegen Alexander Powetkin aus, den er als "übergewichtigen russischen Jungen" verspottet, dem Oquendo eine Abreibung verpassen würde. Aber der Russe wolle sich ja auch drücken, erklärt der Trainer jeden zum Angsthasen, der Besseres zu tun hat, als gegen seinen Schützling anzutreten. Der muß augenscheinlich kleine Brötchen backen, da der angekündigte Kampf gegen Danny Williams in Moskau offenbar nicht zustande kommt. Auch in diesem Fall geht es zu wie beim Fuchs und den Trauben: Falls man nicht gegen Powetkin oder die Klitschkos um die Weltmeisterschaft kämpfen könne, habe man kein Interesse daran, acht Stunden zu fliegen, um gegen einen Danny Williams zu boxen, der Oquendo keinen Schritt weiterbringe.

19. Februar 2013