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MELDUNG/1167: Volle Wucht - Chris Arreola trifft auf Seth Mitchell (SB)




Zwei Schwergewichte ohne Sinn fürs Filigrane

Am 6. September kommt es im Fantasy Springs Casino in Indio (Kalifornien) zu einem interessanten Schwergewichtskampf zwischen Chris Arreola und dessen US-amerikanischem Landsmann Seth Mitchell, der vom Sender Showtime ausgestrahlt wird. Legt man die Bilanz der Kontrahenten zugrunde, wirken sie wie zwei Boxer, deren Karriere einen ähnlichen Verlauf genommen hat. Während Arreola 35 Kämpfe gewonnen und drei verloren hat, kann Mitchell mit 26 Siegen, einer Niederlage und einem Unentschieden aufwarten. Doch dieser Eindruck täuscht: Chris Arreola ist ein Veteran der Szene, der schon des öfteren als Kandidat für einen Titelkampf galt und bereits einmal um die Weltmeisterschaft gekämpft hat. Sein Hauptproblem war häufig eine unzureichende körperliche Verfassung, die ihn unbeweglich machte und konditionell einschränkte. Der ehemalige Footballspieler Seth Mitchell hingegen ist ein Paradebeispiel des muskelbepackten Athleten, der weniger mit ausgefeilten technischen Mitteln, als vielmehr einem unablässigen Angriffsdruck den Gegner in die Enge treibt und auf diese Weise durch die Wucht wiederholter Treffer einen Niederschlag erzwingt. Mitchell ist trotz seiner 28 absolvierten Profikämpfe eher ein Aufsteiger der Branche, der sich erst noch in der Spitze zu etablieren hofft.

Chris Arreolas große Stunde schlug am 26. September 2009, als er im Staples Center in Los Angeles gegen den amtierenden WBC-Weltmeister Vitali Klitschko antrat. Diese Chance hatte er gewissermaßen David Haye zu verdanken, der den bereits vereinbarten Kampf mit dem Ukrainer kurzfristig platzen ließ. Der Brite führte damals als Begründung eine Rückenverletzung an, von der selbst seinem engeren sportlichen Umfeld nichts bekannt war. Daher konnten Spekulationen nicht ausbleiben, Haye habe den jahrelang von ihm selbst herbeigeredeten Titelkampf gescheut, da er sich dem älteren Klitschko nicht gewachsen fühlte. Dieser suchte jedenfalls dringend einen anderen namhaften Gegner, und so fiel die Wahl auf Arreola, der sich diese unverhoffte Gelegenheit nicht entgehen ließ.

Da der Herausforderer ein massiv gebauter Boxer mit beträchtlicher Schlagwirkung ist, erhoffte man sich einen spannenden Kampf, in dem der Titelverteidiger endlich wieder einen gefährlichen Kontrahenten vor die Fäuste bekäme, der ihm ernsthafte Probleme bereiten könnte. Leider war das Gegenteil der Fall, da Arreola viel zu unbeweglich und vorhersagbar boxte, um Klitschko auf den Leib zu rücken. Während der Herausforderer nur selten nennenswerte Treffer anbringen konnte, bot er Klitschkos Schlägen so häufig ein Ziel, daß der Ringrichter dem allzu einseitigen Kampfverlauf durch Abbruch nach Ende der zehnten Runde Rechnung trug.

Nur zwei Monate nach dieser Niederlage bestritt Arreola in Atlantic City seinen nächsten Kampf, in dem Brian Minto sein Gegner war. Den hatte sich Axel Schulz für sein erhofftes Comeback ausgesucht, was bekanntlich mit einem Debakel endete. Daß Minto beileibe kein Schwergewichtler der Spitzenklasse war, unterstrich Arreola, der ihn in der vierten Runde zweimal auf die Bretter schickte, worauf der Kampf auch schon beendet war.

Durch diesen Erfolg ermutigt, nahm es Chris Arreola am 24. April 2010 in der südkalifornischen Stadt Ontario mit dem Polen Tomasz Adamek auf. Der frühere Weltmeister im Halbschwer- und Cruisergewicht war 2009 ins Schwergewicht aufgestiegen, wo er dank seiner Beweglichkeit bis dato eine gute Figur gemacht hatte. Auch gegen Arreola nutzte der etwa 15 kg leichtere und wesentlich agilere Adamek diesen Vorteil und trug nach zwölf Runden einen Punktsieg davon. Mit dieser Niederlage hatte sich Arreola endgültig aus dem aktuellen Kreis der Anwärter auf einen Titelkampf verabschiedet und mußte einen neuen Anlauf nehmen. Im Jahr 2011 absolvierte er mehrere Aufbaukämpfe gegen Gegner, die in der Rangliste weit hinter ihm standen, und konnte auf diese Weise sechs Siege für sich verbuchen.

Mit dieser Ochsentour arbeitete sich Arreola Schritt für Schritt wieder an die Spitze heran, bis sich ihm am 27. April 2013 die Gelegenheit bot, einen Ausscheidungskampf des WBC gegen den Kanadier Bermane Stiverne zu bestreiten. Mit der Chance vor Augen, sich womöglich ein zweites Mal mit Vitali Klitschko zu messen, mußte sich Chris Areola in einem Kampf über zwölf Runden einstimmig nach Punkten geschlagen geben.

Sein kommender Gegner Seth Mitchell strebte im Sommer 2012 einen Kampf gegen Johnathon Banks an, von dem er sich einen Sprung in den Ranglisten erhoffte. Der langjährige Weggefährte des renommierten Trainers Emanuel Steward und häufige Sparringspartner Wladimir Klitschkos galt als gutplazierter Schwergewichtler, dessen Karriere jedoch ins Stocken geraten war. Der Kampf sollte ursprünglich am 14. Juli stattfinden, mußte aber wegen einer Handverletzung Mitchells viermal verschoben werden, bis die Kontrahenten schließlich am 17. November 2012 in Atlantic City aufeinandertrafen. Nur wenige Wochen nach dem Tod seines Mentors Emanuel Steward überraschte der als Außenseiter gehandelte Banks mit drei Niederschlägen in der zweiten Runde, nach denen sich Mitchell geschlagen geben mußte. Am 22. Juni 2013 gelang es Seth Mitchell jedoch, für die erste Niederlage seiner Karriere Revanche zu nehmen. Im Barclays Center in Brooklyn drehte er den Spieß um, schickte Banks in der zweiten Runde auf die Bretter und gewann am Ende einstimmig nach Punkten.

Nach seiner klaren Niederlage gegen Bermane Stiverne gibt sich Chris Arreola fest entschlossen, Seth Mitchell eine Lektion zu erteilen. Er werde ihm eine gehörige Tracht Prügel verpassen und rate ihm dringend, seinen Footballhelm mitzubringen. Wie sein Trainer Henry Ramirez wissen ließ, bereite man sich in Phoenix im Central Boxing Gym vor. Chris stehe mit dem Rücken an der Wand, werde in Bestform antreten und keine 109 kg auf die Waage bringe. Mitchell habe nach seiner schweren Niederlage zwar einen netten Sieg beim Comeback gefeiert, doch könne man Johnathon Banks nicht mit Chris Arreola vergleichen. Chris werde ihn anschlagen und sofort nachsetzen, da Mitchell nicht das Format habe, um ihn auf Abstand zu halten. Seth Mitchell nenne sich "Chaos", doch am 6. September werde er selbst dem Chaos zum Opfer fallen. [1]

Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/chris-arreola-seth-mitchell-wird-seinen-football-helm-mitbringen-muessen-28140

6. August 2013