Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

MELDUNG/1390: Friedenssignal im Kalten Krieg des Boxens (SB)




Oscar de la Hoya winkt Bob Arum mit dem Ölzweig

Lange Jahre war HBO der führende US-amerikanische Boxsender, da er die erfolgreichsten Akteure der Branche präsentierte und die höchsten Umsätze erzielte. Auf dem zweiten Rang folgte Showtime, dahinter wiederum mit einem beträchtlichen Abstand ESPN sowie weitere Sender. Zwischen HBO und Showtime entbrannte ein erbitterter Konkurrenzkampf um Marktanteile, der wiederum mit der Rivalität der einflußreichsten Promoter korrespondiert. Bob Arums Unternehmen Top Rank ist seit geraumer Zeit mit Oscar de la Hoyas Firma Golden Boy Promotions verfeindet, wobei kaum noch trennscharf zu unterscheiden ist, wo die widerstreitenden Geschäftsinteressen in persönliche Animositäten übergehen. Das angespannte Verhältnis der beiden Lager schloß eine Zusammenarbeit zunehmend aus, was zwangsläufig dazu führte, daß Kämpfe zwischen Boxern dieser Fraktionen immer seltener zustande kamen.

Als der ehemalige Golden-Boy-Anwalt Stephen Espinoza eine Führungsposition bei Showtime übernahm und dort an einem Monopol des Promoters aus Los Angeles arbeitete, wuchs sich der Streit der Promoter zu einem Krieg der beiden führenden Sender aus. HBO verlor an Boden, und im Frühjahr 2013 zeichnete sich im US-amerikanischen Boxgeschäft eine regelrechte Umwälzung ab, da mit dem Bezahlsender HBO die bisherige Nummer eins der Branche fortan vollständig auf Kämpfe der Golden Boy Promotions verzichtete.

Wie es damals in einer Stellungnahme des HBO-Präsidenten Ken Hershman hieß, habe man sich dazu entschlossen, Arbeit und Ressourcen auf jene strategischen Beziehungen zu fokussieren, mit denen man mehr gemeinsame Ziele in der Geschäftsphilosophie habe. Das bedeutete im Klartext, daß HBO in einem Abwehrkampf um Marktanteile der strategischen Allianz von Golden Boy und Showtime Rechnung trug. Als dann auch noch Floyd Mayweather jun., dessen Auftritte die mit Abstand größten Erlöse erzielen, zu Showtime wechselte, waren bei HBO fast ausschließlich Kämpfe des Promoters Top Rank zu sehen.

Hinzu kommt als graue Eminenz des Boxsports der einflußreiche Berater Al Haymon, der mit einer wachsenden Zahl von Boxern zusammenarbeitet, die zu den namhaftesten Vertretern ihrer Zunft gehören. Zu Branchengrößen wie Floyd Mayweather, Adrien Broner, Marcos Maidana, Shawn Porter, Peter Quillin, Keith Thurman, Leo Santa Cruz, Danny Garcia, Deontay Wilder und Robert Guerrero gesellte sich auch Adonis Stevenson, Weltmeister des WBC im Halbschwergewicht. Das war insofern erstaunlich, als Haymons Boxer größtenteils bei Golden Boy unter Vertrag stehen und folglich auf Showtime boxen, während Stevenson bislang zu den Zugpferden des Konkurrenzsenders HBO gehört. Der Schulterschluß mit Haymon läßt auf Pläne des Kanadiers schließen, auf längere Sicht ebenfalls zu Showtime zu wechseln, wo mit Bernard Hopkins auch der Weltmeister der Verbände WBA und IBF derselben Gewichtsklasse beheimatet ist.

Wenngleich Showtime den Konkurrenten HBO inzwischen als Marktführer abgelöst hat und es darauf anlegen könnte, sich zum Monopolisten aufzuschwingen, ist ein Ende der erbitterten Auseinandersetzung doch noch längst nicht Sicht. So macht inzwischen das Wort von einem "Kalten Krieg des Boxens" die Runde, der viele interessante Kämpfe verhindert und damit die gesamten Branche in Mitleidenschaft zieht.

Nun hat Oscar de la Hoya die Initiative ergriffen und eine Art Friedensangebot signalisiert. Der Gründer und Eigentümer der Golden Boy Promotions hatte in den letzten Jahren des öfteren mit Suchtproblemen zu kämpfen, so daß es bekanntermaßen vor allem der Schweizer Geschäftsführer Richard Schaefer war, der das Unternehmen zur heutigen Blüte und Marktführerschaft brachte. Im September 2013 räumte De la Hoya seine Probleme öffentlich ein und begab sich in eine Entzugsklinik.

Inzwischen ist er ins Tagesgeschäft zurückgekehrt und hat Bob Arum ein Treffen vorgeschlagen. Gegenüber der Los Angeles Times erklärte De la Hoya, er habe sich seinen persönlichen Problemen gestellt und könne sich nun wieder seinem wichtigsten Anliegen widmen: "Golden Boy ist mein Baby. Boxen ist meine Leidenschaft, mein Leben. Ich werde mich darauf konzentrieren, die Marke zu vergrößern und die Kämpfe zu realisieren, die die Leute sehen wollen." Er strebe unter anderem einen Kampf zwischen Manny Pacquiao und Saul Alvarez an, was einer der Gründe sei, warum er Arum den Ölzweig gereicht habe.

Bob Arum reagierte erfreut und versicherte, er wolle gerne mit Oscar über jedes gewünschte Thema im Boxen sprechen. All dieses Gerede über einen Kalten Krieg habe De la Hoya und ihn nie wirklich betroffen. Man könne jedes Thema vernünftig erörtern, auch wenn man vielleicht nicht immer einer Meinung sei. Daher hoffe er, daß es in der nahen Zukunft zu bedeutsamen Treffen kommen werde. [1]

Ob diese Gespräche zu einer Entspannung beitragen oder im Gegenteil eine neue Runde der Eskalation einläuten, muß sich noch erweisen. Vielleicht reißen Golden Boy und Showtime den Löwenanteil des Geschäfts an sich, während Top Rank und HBO in relativer Bedeutungslosigkeit versinken. Andererseits ist nicht auszuschließen, daß eine dauerhafte Spaltung die gesamte Branche derart ruiniert, daß man von einem Pyrrhussieg auf verbrannter Erde sprechen müßte. Möglicherweise hat Oscar de la Hoyas vorübergehender Abstand vom Hauen und Stechen seinen Blick für das gesamte Spektrum möglicher Konsequenzen geschärft.


Fußnote:

[1] http://www.boxen-heute.de/artikel/5851-kalter-krieg-bald-vorbeitreffen-zwischen-de-la-hoya-und-arum-geplant.html

25. April 2014