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MELDUNG/1510: George Groves hat mit Christopher Rebrasse leichtes Spiel (SB)




Keine Empfehlung für einen Titelkampf gegen Anthony Dirrell

Der britische Supermittelgewichtler George Groves hat sich in der Londoner Wembley Arena gegen Europameister Christopher Rebrasse aus Frankreich einstimmig nach Punkten (118:110, 118:110, 117:111) durchgesetzt. Da es sich um einen Ausscheidungskampf des WBC handelte, ist der 26 Jahre alte Brite damit neuer Pflichtherausforderer des Weltmeisters Anthony Dirrell aus den USA. Während Groves seine Bilanz auf 20 gewonnene und zwei verlorene Auftritte verbesserte, stehen für Rebrasse nunmehr 22 Siege, drei Niederlagen und drei Unentschieden zu Buche.

George Groves, der zuvor in zwei Titelkämpfen jeweils vorzeitig an seinem Landsmann Carl Froch gescheitert war, hat damit sein Etappenziel erreicht, sich erneut in eine günstige Ausgangsposition zu manövrieren. Wenngleich er dem Franzosen klar überlegen war, gaben gewisse Schwächen doch zu Zweifeln Anlaß, ob er nach den beiden Niederlagen tatsächlich schon wieder in der Verfassung ist, sich mit einem wesentlich gefährlicheren Gegner wie Dirrell zu messen.

Groves diktierte mit seinem Jab den Kampf und konnte immer wieder mit Körperhaken punkten. Rebrasse gelang es nicht, seine größere Reichweite zu nutzen, zumal er sich viel zu häufig hinter einer Doppeldeckung versteckte. Wenngleich er durchaus versuchte, sich mit einzelnen Schlägen Respekt zu verschaffen, blieb ihm eine nachhaltige Wirkung versagt. Der Brite war in allen Belangen überlegen, was allerdings bei einem so schwachen Gegner auch keiner allzu großen Kunst bedurfte.

Daß die Rückschläge in den beiden Duellen mit WBA/IBF-Weltmeister Carl Froch ihre Spuren hinterlassen haben, deutete sich an, als Groves längst nicht so selbstsicher und druckvoll boxte, wie man das in der Vergangenheit von ihm kannte. Obgleich er fleißig arbeitete und über 1000 Schläge verzeichnete, wirkte er müde und langsamer als früher. Bedenklich stimmte insbesondere, daß er unter den relativ leichten Treffern des Franzosen mehrmals zu wackeln schien.

Carl Froch und Tony Bellew, die den Auftritt ihres Landsmanns vor Ort verfolgt hatten, rieten ihm in einer ersten Stellungnahme dringend ab, sofort einen Titelkampf gegen Anthony Dirrell anzustreben. Der US-Amerikaner ist ein gefährlicher Konterboxer, verfügt über eine robuste Physis und entfaltet eine beträchtliche Schlagwirkung. Groves ließ es sich nicht nehmen, in einem verbalen Seitenhieb gegen Froch zu erklären, er halte sich trotz der beiden Niederlagen nach wie vor für den besseren Boxer und würde liebend gern einen dritten Kampf gegen ihn bestreiten. [1]

Froch konnte diesem Vorschlag jedoch nichts abgewinnen und erwiderte, daß er schließlich zweimal gegen Groves gewonnen habe. Anders sähe die Sache aus, wenn es nach Siegen unentschieden stünde. In einem solchen Fall wäre er jederzeit bereit, einen dritten und entscheidenden Kampf auszutragen. Er selbst habe den Dänen Mikkel Kessler, aber auch Anthony Dirrell und seinen britischen Landsmann James DeGale auf der Rechnung. Da die Verhandlungen mit dem in den USA sehr populären Mexikaner Julio Cesar Chavez jun. gescheitert sind, wird Froch aller Voraussicht nach seine Karriere nicht wie erhofft mit einigen ganz großen Kämpfen ausklingen lassen können. Anfang nächsten Jahres tritt er wohl gegen James DeGale an, den Pflichtherausforderer der IBF. [2]

Ungeachtet aller Warnungen beharrte Groves darauf, sich so bald wie möglich mit Dirrell zu messen. Der US-Amerikaner habe sich sehr respektlos geäußert und insbesondere einem Auftritt in England eine Absage erteilt. Man werde ihn jedoch dazu zwingen und ihn Schlägen aussetzen, denen er nicht standhalten könne. Das sah Froch ganz anders, der die Bilanz zog, Groves könne mit einer Leistung, wie man sie soeben erlebt habe, gegen Dirrell nichts ausrichten. Er sei viel zu häufig getroffen worden und habe mehrmals weiche Knie bekommen. So etwas könne man sich gegen einen Kontrahenten mit größerer Schlagwirkung nicht ungestraft erlauben. Wenn ihn schon ein vergleichsweise ungefährlicher Gegner wie der Franzose Christopher Rebrasse mit seinen harmlosen Treffern in Schwierigkeiten bringe, sei wahrscheinlich nicht nur Dirrell, sondern auch WBO-Weltmeister Arthur Abraham als Gegner zu riskant.

Nach Lage der Dinge wird George Groves ohnehin nicht so schnell die zweischneidige Gelegenheit bekommen, mit Anthony Dirrell in den Ring zu steigen. Der US-Amerikaner hat bereits deutlich gemacht, daß er die Entscheidung des WBC mißbilligt, dem Briten nach zwei vorzeitigen Niederlagen sofort einen Ausscheidungskampf zu schenken. Groves solle erst einmal beweisen, daß er ein würdiger Herausforderer ist. Als nächsten Gegner ziehe er ihn nicht in Betracht, und ein Auftritt in England komme grundsätzlich nicht in Frage, da man dort seinen Bruder Andre 2009 im Kampf gegen Froch um den Sieg betrogen habe. Dirrell will seinen Titel zunächst freiwillig verteidigen, so daß ein Kampf gegen Groves nicht vor Mitte nächsten Jahres akut wird. Allerdings ist nicht auszuschließen, daß der Verband WBC ein Machtwort spricht und dem US-Amerikaner eine kürzere Frist für die Pflichtverteidigung gegen den Briten setzt.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/09/groves-rebrasse-early-results/#more-182087

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/09/froch-warns-groves-to-stay-away-from-anthony-dirrell/#more-182092

21. September 2014