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MELDUNG/1547: Ein Rückkampf wäre nicht zuviel verlangt (SB)




Sam Soliman fordert Jermain Taylor zur Revanche

Am 4. Oktober mußte sich Sam Soliman bei seiner ersten Verteidigung des IBF-Titels im Mittelgewicht in Biloxi, Mississippi, dem US-amerikanischen Herausforderer Jermain Taylor einstimmig nach Punkten geschlagen geben. Der fast 41 Jahre alte Australier hatte sich in der sechsten Runde eine Knieverletzung zugezogen, die seine Beweglichkeit derart einschränkte, daß er in den folgenden Runden insgesamt viermal niedergeschlagen wurde. Viele andere Boxer hätten in einer so aussichtslosen Lage aufgegeben, doch Soliman hielt bis zum Ende durch.

Nun hofft der Australier, für den 44 Siege und zwölf Niederlagen zu Buche stehen, auf eine sofortige Revanche. Im Gespräch mit Dan Rafael vom Sender ESPN erinnerte Soliman daran, daß er Taylor eine Chance gegeben habe, obgleich dieser lediglich an Nummer 15 der IBF-Rangliste stand. Er habe großen Respekt vor Jermain Taylor und bitte dessen Team, ihm im Gegenzug dieselbe Ehre zu erweisen und im Frühjahr einen Rückkampf zu bestreiten. Da angesichts der Umstände des ersten Kampfs noch eine Rechnung offen sei, werde ihm Taylor als wahrer Champion sicher eine Revanche gewähren. Er selbst würde an dessen Stelle nicht anders handeln.

Für Sam Soliman ist in Anbetracht seines Alters und Karriereverlaufs ein sofortiger Rückkampf vermutlich die einzige Chance, für eine gewisse Frist im Rampenlicht und hochdotierten Geschäft zu bleiben. Jermain Taylor hat derzeit andere Sorgen, da er vor dem Kampf gegen den Australier in eine Schießerei verwickelt war, deren strafrechtliche Folgen noch der Klärung harren. Deshalb ist vorerst ungewiß, wann der Weltmeister in den Ring zurückkehren kann.

Jermain Taylor könnte geneigt sein, Soliman einen Rückkampf zu gewähren, da er dies für eine vergleichsweise leichte Titelverteidigung halten dürfte. Andererseits könnte er im Duell mit WBA-Superchampion Gennadi Golowkin, WBC-Weltmeister Miguel Cotto oder anderen prominenten Gegnern wie Daniel Jacobs oder Peter Quillin wesentlich mehr Geld verdienen. Daher wird der Australier vermutlich den kürzeren ziehen und seine Laufbahn auf deutlich niedrigerem sportlichen und finanziellen Niveau beschließen. [1]

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Tyson Fury phantasiert vom Bombenkrieg

Tyson Fury kündigt seinem Gegner Dereck Chisora für ihr Aufeinandertreffen am 29. November in London einen wahren Krieg an. Das Duell der beiden britischen Schwergewichtler firmiert als Ausscheidungskampf, dessen Sieger neuer Pflichtherausforderer Wladimir Klitschkos bei der WBO wird. Der in 22 Auftritten ungeschlagene Fury ist in den Ranglisten dreier Verbände unter den Top 15 vertreten (WBO 4, IBF 5, WBC 11). Wenngleich mit einer Bilanz von 20 Siegen und vier Niederlagen auf dem Papier schlechter gestellt, hat Chisora im Ranking die Nase vorn (WBO 1, IBF 3, WBC 7, WBA 13).

Warum die beiden um die Chance kämpfen dürfen, es mit dem Weltmeister aufzunehmen, bleibt das Geheimnis der WBO. Dereck Chisora hat zwar die namhafteren Gegner vor den Fäusten gehabt, jedoch in seinem ersten Kampf gegen Fury wie auch gegen Vitali Klitschko, Robert Helenius und David Haye den kürzeren gezogen. Tyson Furys größte Erfolge in seiner sechs Jahre währenden Profikarriere waren Siege über den in schlechter körperlicher Verfassung angetretenen Chisora und den ehemaligen Cruisergewichtler Steve Cunningham.

Sollte Chisora glauben, er sei bei ihrem ersten Kampf in einen Krieg geraten, habe er keine Ahnung, was ihn beim Rückkampf erwarte, tönt Fury. Er habe den Londoner damals niederbombardiert und seither sechs seiner sieben letzten Gegner binnen sieben Runden erledigt. Dereck Chisora erwarte am 29. November dasselbe Schicksal. Läßt man jedoch Revue passieren, wen Fury vorzeitig besiegt hat, sieht die Bilanz weit weniger pompös aus: Martin Rogan, Joey Abell, Nicolai Firtha, Neven Pajkic, Vinny Maddalone und Steve Cunningham gehören keinesfalls zur ersten Garnitur.

Bei Dereck Chisora sieht die Liste besiegter Kontrahenten mit Kevin Johnson, Ondrej Pala, Edmund Gerber, Malik Scott und Hector Alfredo Avila auch nicht beeindruckender aus. Wenngleich es sich auch in seinem Fall um keine ausgesprochen schlechten Gegner handelt, fehlen doch die großen Namen, wie man sie bei einem Boxer erwarten würde, der die Rangliste eines Weltverbands anführt und nur einen Schritt vor einem Titelkampf steht.

Tyson Furys Sichtweise, er werde solange Bomben werfen, bis Chisora unter einem Volltreffer Bekanntschaft mit dem Ringboden macht, ruft kritische Einwände auf den Plan. Der 2,06 m große Schwergewichtler ist zwar von imposanter Statur, verfügt aber dennoch über keine herausragende Schlagwirkung. Eher schon hat er seine körperlich unterlegenen Gegner mit seiner schieren Masse solange ermüdet und niedergewalzt, bis sie zermürbt seinen Treffern zum Opfer fielen. Gefährlicher schlägt da schon Dereck Chisora, der für seine wilden Angriffe bekannt ist. Allerdings war er mit seinem Latein jedesmal am Ende, sobald er auf hochkarätige Widersacher traf. [2]

Fury und Chisora führen die turbulente und lautstarke britische Schwergewichtsszene an, sind aber im internationalen Maßstab keineswegs hochkarätige Anwärter im Feld der Kandidaten, die nach Wladimir Klitschkos Gürtelsammlung schielen. Der Ukrainer bekommt es am 15. November in Hamburg mit dem Bulgaren Kubrat Pulew zu tun, der als Pflichtherausforderer der IBF wesentlich stärker als die beiden Briten einzuschätzen ist. Sollte sich der Titelverteidiger dabei durchsetzen, schenkt ihm die WBO als nächsten Herausforderer einen britischen Boxer, der von den Trophäen des Weltmeisters bestenfalls träumen kann.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/11/sam-soliman-wants-rematch-against-jermain-taylor/#more-183828

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/11/fury-ill-give-chisora-the-biggest-war-hes-ever-had/#more-183829

4. November 2014