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MELDUNG/1603: Ein Opfer des eigenen Erfolgs (SB)




Die namhaften Rivalen meiden Gennadi Golowkin

Obgleich Gennadi Golowkin inzwischen 18 Gegner in Folge vorzeitig besiegt hat und längst zum Superchampion der WBA im Mittelgewicht aufgestiegen ist, wird er in Expertenkreisen mitunter immer noch gezielt unterschätzt. So taucht der in 31 Profikämpfen ungeschlagene Kasache in der aktuellen Liste der besten Boxer aller Gewichtsklassen des renommierten Ring Magazines nicht unter den Top 10 auf, und während ihn ESPN immerhin an sechster Stelle führt, muß er dort unter anderem Juan Manuel Marquez und Timothy Bradley den Vortritt lassen.

Der gegen Golowkin erhobene Einwand, er habe noch keinen Gegner der absoluten Spitzenklasse besiegt, unterschlägt den Umstand, daß er ein Opfer seines eigenen Erfolgs geworden ist. Die namhaftesten Kontrahenten gehen ihm aus dem Weg, da er als zu großes Risiko eingeschätzt wird. Der Kasache hat Daniel Geale, Curtis Stevens, Osumanu Adama, Marco Antonio Rubio und Matthew Macklin auf die Bretter geschickt, so daß im Mittelgewicht an populären Kontrahenten nur noch Miguel Cotto, Peter Quillin, Jermain Taylor als IBF-Champion und Sergio Martinez übrigbleiben, sofern der Argentinier seine Karriere nicht aus gesundheitlichen Gründen beendet. [1]

Wie Trainer Abel Sanchez zu Recht moniert, sei es eine Schande, auf welche Weise Golowkin von den anderen hochklassigen Akteuren dieser Gewichtsregion gemieden werde. Saul "Canelo" Alvarez erwähne ihn überhaupt nicht, und Peter Quillin behaupte, der Kasache sei noch nicht bekannt genug, um gegen ihn anzutreten. Cottos Trainer Freddie Roach stoße ins gleiche Horn, wenn er ebenfalls erkläre, Golowkin müsse sich erst noch einen Namen machen, indem er sich mit den Besten mißt.

Miguel Cotto kann sich als WBC-Weltmeister jedoch nicht mehr lange vor dem Kasachen drücken, der Pflichtherausforderer bei diesem Verband ist. Sollte sich der Puertoricaner bei seinem geplanten Auftritt im Mai gegen Saul Alvarez oder einen anderen Gegner durchsetzen, muß er sich im nächsten Schritt entweder mit Golowkin im Ring messen oder den Titel niederlegen. Man darf wohl vermuten, daß Cotto eher auf den Gürtel verzichtet, als dem WBA-Superchampion gegenüberzutreten. Sanchez empfiehlt daher den Fans, ihre eigenen Schlüsse aus dieser Weigerung diverser Stars zu ziehen, mit Golowkin in den Ring zu steigen. [2]

Gennadi Golowkin ist seit jeher dafür bekannt, keine langen Pausen zwischen seinen Auftritten einzulegen und in der Regel vier Kämpfe im Jahr zu bestreiten. Das soll auch 2015 so sein, wobei die erste Station bereits feststeht. Der Kasache trifft am 21. Februar in Monte Carlo auf den Briten Martin Murray, worauf dann im Mai der nächste Gegner an die Reihe kommen soll. Auf diese Weise vermindert er die ansonsten mühsame Reduzierung des Gewichts, die für die meisten Boxer nach einer längeren Unterbrechung unvermeidlich ist.

Von Vorteil ist zugleich, daß sich Golowkin mit seinen stets spektakulären Auftritten, die vom Sender HBO übertragen werden, bei den Boxfans regelmäßig in Erinnerung bringt und damit an Popularität gewinnt. Wenngleich die großen Stars bislang einen Bogen um ihn gemacht haben, ist der Tag nicht fern, an dem sie der Kasache auf seine Weise in der Gunst des Publikums überholt.

Wahrscheinlich wird Golowkin versuchen, im Mai entweder gegen den Sieger des Kampfs zwischen IBF-Weltmeister Jermain Taylor und Sergio Mora oder den WBO-Weltmeister Andy Lee anzutreten. Mit Hassan N'Dam bei der IBF und Billy Joe Saunders bei der WBO warten jedoch in beiden Fällen Pflichtherausforderer auf den Titelträger, so daß Golowkin vorerst kaum eine Chance bekommen dürfte, sich einen weiteren Gürtel im Mittelgewicht zu holen.

Zunächst konzentriert er sich jedoch auf Martin Murray, den er als bislang schwerste Herausforderung in seiner Karriere bezeichnet. Der erfahrene Brite ist größer und massiver als Golowkin und verfügt über ausgezeichnete Nehmerqualitäten, an denen sich schon viele Gegner die Zähne ausgebissen haben. Murray vertraut nicht nur auf eine hohe Deckung, hinter der er sich verschanzt, sondern gilt auch als zäh und robust. Das wird dem Kasachen wohl die Gelegenheit geben, diesen Kampf nicht allzu schnell zu beenden und damit möglichem Unmut des Publikums vorzubeugen, das ihn vorzeitig, aber nicht allzu frühzeitig gewinnen sehen will. [3]

Murray ist in der Vergangenheit bereits an zwei Weltmeistern gescheitert, da er sich unentschieden von Felix Sturm trennte und Sergio Martinez nach Punkten unterlag. Um seine vermutlich letzte Titelchance zu nutzen, kann er sich nicht ausschließlich auf seine Defensive verlassen. Sollte der Brite seinerseits angreifen, räumt ihm Golowkins Trainer Abel Sanchez drei bis vier Runden bis zum vorzeitigen Ende ein. Verschanze sich Murray jedoch wie gegen Sturm und Martinez zunächst vollständig hinter einer Doppeldeckung, werde er früher die Segel streichen müssen. Der Weltmeister würde in diesem Fall wohl häufiger zum ungedeckten Körper des Herausforderers schlagen, der Golowkins enormer Trefferwirkung nicht lange standhalten dürfte. [4]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/01/how-is-golovkin-struggling-to-be-rated/#more-186385

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/01/cotto-canelo-and-quillin-have-to-be-put-on-the-spot-for-not-fighting-golovkin/#more-186398

[3] http://www.boxingnews24.com/2015/01/golovkin-to-fight-four-times-in-2015/#more-186425

[4] http://www.boxingnews24.com/2015/01/if-martin-murray-goes-into-his-shell-golovkin-could-stop-him-before-3-4-rounds-says-sanchez/#more-186422

10. Januar 2015


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