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MELDUNG/1680: Dieses Unentschieden war ein Sieg! (SB)



Peter Quillin gescheitert - Andy Lee bleibt Weltmeister

Der amtierende Weltmeister der WBO im Mittelgewicht, Andy Lee aus Irland, hat sich in einem Kampf über zwölf Runden mit einem Unentschieden von seinem US-amerikanischen Vorgänger Peter Quillin getrennt (113:112, 112:112, 113:113). Der Titel stand dabei nicht auf dem Spiel, da Quillin beim offiziellen Wiegen am Vortag die Gewichtsgrenze überschritten hatte. Während für den Champion damit 24 Siege, zwei Niederlagen und ein Unentschieden zu Buche stehen, werden für den weiterhin ungeschlagenen Amerikaner nun 31 gewonnene Kämpfe sowie ein unentschieden gewerteter Auftritt notiert. [1]

Lee hätte das Duell im New Yorker Barclays Center, in das er als klarer Außenseiter gegangen war, sogar für sich entschieden, wäre er nicht vom Ringrichter in der dritten Runde benachteiligt worden. Steve Willis wertete eine Aktion als regulären Niederschlag, obwohl Quillin seinem Gegner dabei auf den Fuß trat und gleichzeitig zuschlug. Der Ire war bereits in der ersten Runde nach einem regelkonformen Treffer auf dem Boden gelandet und revanchierte sich dafür im siebten Durchgang mit einem rechten Haken, der Quillin auf die Bretter schickte.

Wenngleich der Weltmeister fast während des gesamten Kampfs auf dem Vormarsch war, bereitete ihm der US-Amerikaner in den ersten fünf Runden mit seinen schnellen Kombinationen doch beträchtliche Probleme. Den ersten Durchgang überstand Lee nur mit größter Mühe, da Quillin nach dem Niederschlag nicht lockerließ und weitere schwere Treffer ins Ziel brachte. In der dritten Runde zog sich der Ire eine Rißwunde am rechten Auge zu, in der vierten und fünften wirkte der Champion nach etlichen wuchtigen Schlägen des Gegners sichtlich mitgenommen.

Nachdem der Kampfverlauf zunächst den Erwartungen entsprochen hatte, wendete Lee vom achten Durchgang an das Blatt. Mit präzisen Schlägen der Linken und seinen gefährlichen rechten Haken dominierte er die verbliebenen Runden und stellte dabei einmal mehr enormen Kampfgeist und ein bemerkenswertes Durchhaltevermögen unter Beweis. Quillin schien kaum noch in der Lage zu sein, nennenswerte Schläge abzufeuern, und beriet sich in den Pausen eindringlich mit seinem Trainer, als wolle er den Kampf aufgeben. Möglicherweise hatte er sich eine Verletzung zugezogen, auf die seine ansonsten unerklärliche Passivität gegen Ende des Kampfs zurückzuführen war.

Ein anderer denkbarer Grund könnten aber auch die Gewichtsprobleme des US-Amerikaners sein, der mit allen erdenklichen Mitteln abgekocht hatte, aber trotz einer Fristverlängerung nicht das geforderte Gewicht auf die Waage gebracht hatte. Wenngleich eine nachfolgende Rehydrierung für eine gewisse Kompensation sorgt, bleibt der Boxer nach einer solchen Prozedur doch oftmals noch geschwächt und erlebt konditionelle Einbrüche im Kampf.

In einer ersten Stellungnahme orakelte Peter Quillin lediglich, daß Kampfrichter nicht ohne Grund ihre Funktion ausübten. So mußte zunächst offenbleiben, wie er den Verlauf des Duells und dessen Wertung einschätzte. Verloren hatte er bereits beim Wiegen am Vortag, da er sich selbst um den sicher geglaubten Wiedergewinn des Titels brachte. Ob ihm eine überzeugende Vorstellung in Hinblick auf eine Revanche Vorteile verschafft hätte, bleibt angesichts des Unentschiedens Spekulation. Von einem Rückkampf war jedenfalls nicht die Rede, zumal Andy Lee im nächsten Schritt seinen Titel gegen den Pflichtherausforderer Billy Joe Saunders verteidigen wird.

Der Ire hat bei seinem respektablen Auftritt in Brooklyn gleich in mehrfacher Hinsicht gewonnen, zumal er eine beträchtliche Summe von der Börse Quillins erhielt, die für den Fall vertraglich vereinbart war, daß einer der Kontrahenten das geforderte Gewicht nicht einhalten könnte. Lee bleibt Weltmeister, hat dank seines starken Auftritts an Reputation gewonnen und bekommt den Briten Saunders vor die Fäuste, mit dem er in England sehr viel Geld verdienen kann. Überdies wird der Pflichtherausforderer als vergleichsweise leichte Aufgabe eingestuft, so daß Lees Aussichten sprunghaft gestiegen sind, noch einige Zeit Champion im Mittelgewicht zu bleiben.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/04/lee-quillin-fight-to-12-round-draw/#more-190600

12. April 2015


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