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MELDUNG/1710: Eine Lanze für die leichten Limits (SB)



Roman Gonzalez - eine Ausnahmeerscheinung im Fliegengewicht

Im Rahmen des Formats "HBO Championship Boxing" in Inglewood, Kalifornien, bei dem Gennadi Golowkin seine Titel im Mittelgewicht erfolgreich gegen Willie Monroe verteidigt hat, stieg auch Roman Gonzalez vor mehr als 12.000 Zuschauern in den Ring. Der ungeschlagene WBC-Weltmeister im Fliegengewicht aus Nicaragua setzte sich gegen den von der hispanischen Fangemeinde unterstützten Mexikaner Edgar Sosa bereits in der zweiten Runde durch und baute seine Bilanz auf 43 Siege aus, von denen er 37 vorzeitig erzielt hat. Für den ehemaligen Champion Sosa stehen nun 51 gewonnene und neun verlorene Auftritte zu Buche.

Gonzalez eröffnete den Kampf mit einer stürmischen Offensive, in der er den Herausforderer mit schweren Treffern zurücktrieb. Der erfahrene Mexikaner hatte in der letzten Dekade mit jeglichen Kontrahenten von Rang und Namen im Ring gestanden, konnte aber den überragenden Champion trotz tapferer Gegenwehr nicht am Vormarsch hindern. Im zweiten Durchgang nahm der Titelverteidiger Maß und schickte Sosa dreimal auf die Bretter. Schon der erste Niederschlag mit einer soliden Zweierkombination schien den Mexikaner derart zu schwächen, daß die frühe Vorentscheidung gefallen war. Der Herausforderer ging nach einem linken Haken erneut zu Boden und kam nur schwankend wieder auf die Beine, worauf ihn Gonzalez mit weiteren Schlägen aus allen erdenklichen Vektoren traktierte, an den Seilen festsetzte und weiter bedrängte, bis Sosa auf die Knie sank. Dort zählte ihn Ringrichter Raul Caiz gar nicht erst an, sondern erklärte den Kampf nach 2:37 Minuten der zweiten Runde sofort für beendet. [1]

Roman Gonzalez, der damit zum Sieger durch technischen K.o. erklärt worden war, sprach im anschließenden Interview mit Max Kellerman von einem wichtigen Auftritt. Er habe die Absicht verfolgt, seine Talente im besten Licht zu zeigen, um sich für einen weiteren Kampf beim Sender HBO zu empfehlen. Auf die Frage, ob er nun an einem Kräftemessen mit dem WBO-Weltmeister im Bantamgewicht, Naoya Inoue, interessiert sei, erwiderte Gonzalez ohne zu zögern, er sei offen für jeden Gegner, den der Sender ihm vorschlage. [2]

Es hatte lange gedauert, bis HBO dem Drängen eingefleischter Boxfans endlich Rechnung trug und erstmals seit 1997 wieder einen Kampf ins Programm nahm, der in einer derart leichten Gewichtsklasse ausgetragen wurde. Der 27jährige Gonzalez hatte bereits Titel in drei verschiedenen Gewichtsklassen erkämpft. Nachdem ihn die riesige Menschenmenge bereits mit Ovationen begrüßt hatte, erfüllte er die Erwartungen mit einer weiteren Demonstration seines geradezu klinischen und dabei zerstörerischen Stils. Damit trat er nicht zuletzt den Beweis an, daß Boxer seiner Statur nicht minder begeisternde Auftritte wie erheblich schwerere Zunftkollegen auf die Matte legen können.

Durchaus vergleichbar mit Gennadi Golowkin, der an diesem Abend zwangsläufig im Mittelpunkt des Interesses stand, trug er seine Angriffe ohne jede Hast und doch mit einer Präzision und Geschwindigkeit vor, der selbst ein derart erfahrener Gegner wie Sosa von Beginn an nichts entgegenzusetzen hatte. Berücksichtigt man, wie gefährliche Kontrahenten Gonzalez bereits besiegt hat, müßte er eigentlich in einer Liste der weltbesten Boxer aller Gewichtsklassen auf einem der vordersten Plätze auftauchen. [3]

Als Boxer im Fliegengewicht teilt er jedoch das Schicksal aller Akteure dieser niedrigen Limits, ein unverdientes Schattendasein am Rande der Wahrnehmung zu fristen. Dies zeigt auch ein Vergleich der Börsen, da sich Gonzalez mit 200.000 Dollar begnügen mußte, während Sosa sogar nur 40.000 Dollar erhielt. Gemessen an 1,5 Millionen Golowkins am selben Abend oder den 3,5 Millionen Dollar, die Saul "Canelo" Alvarez - obgleich derzeit nicht einmal Weltmeister - für seinen Kampf gegen den handverlesenen James Kirkland einstreichen konnte, ist das ein bescheidenes Entgelt für einen so hochklassigen und publikumsfreundlichen Boxer wie Roman Gonzalez. [4]

Der Champion aus Nicaragua hat jedenfalls noch viel vor, worauf sich seine - nun hoffentlich rasch wachsende Fangemeinde - freuen kann. Allen Optionen voran sind eine Revanche mit Juan Francisco Estrada oder der bereits erwähnte Kampf gegen Naoya Inoue zu nennen, die vermutlich darauf brennen, das Kunststück zu erzwingen, an dem bislang 43 Gegner gescheitert sind, nämlich Roman Gonzalez den Nimbus der Unbesiegbarkeit zu nehmen. Auch was das betrifft, hätte die gemeinsame Präsentation mit Gennadi Golowkin auf HBO nicht passender sein können.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/05/gonzalez-dominates-sosa-in-2nd-round-tko/#more-193253

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/05/golovkin-vs-monroe-early-results/#more-193228

[3] http://espn.go.com/blog/boxing/post/_/id/5508/golovkin-monroe-five-things-we-learned

[4] http://www.boxingnews24.com/2015/05/golovkin-monroe-purses-ggg-1-5m-monroe-100k/#more-193231

18. Mai 2015


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