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MELDUNG/1902: Die Überraschung ist gelungen (SB)



Saul "Canelo" Alvarez trifft auf Amir Khan

Die Nachricht, daß Saul "Canelo" Alvarez bei seiner ersten Verteidigung des WBC-Titels im Mittelgewicht am 7. Mai auf Amir Khan trifft, mutet sensationell an, hatte doch niemand mit dieser Möglichkeit gerechnet. Im Zeitalter des Internets, der sozialen Medien und einer aktuellen Berichterstattung rund um die Uhr sollte es eigentlich unmöglich sein, über ein Sportereignis dieser Größenordnung in der Phase seiner Anbahnung absolutes Stillschweigen zu wahren. Tatsächlich wurde jedoch nicht einmal der Hauch eines Gerüchts publik, bis die Golden Boy Promotions, bei denen der junge Mexikaner unter Vertrag steht, den erfolgreichen Abschluß der Verhandlungen bekanntgaben. Wie Oscar de la Hoya, unter dessen Regie der Kampf über die Bühne gehen wird, dazu anmerkte, habe er eine lückenlose Geheimhaltung selbst nicht für möglich gehalten. In all den Jahren, die er dem Boxsport verbunden sei, habe er so etwas noch nie erlebt.

Wenngleich die Suche nach einem passenden Gegner für Alvarez ein medialer Dauerbrenner in der Branche war, fiel der Name des Briten in diesem Zusammenhang kein einziges Mal. Das lag in erster Linie daran, daß Khan früher Weltmeister zweier Verbände im Halbweltergewicht war und seit geraumer Zeit im Weltergewicht antritt. Er boxte also bislang zwei Gewichtsklassen unter dem Mexikaner, der überdies dafür berüchtigt ist, daß er sich nach dem offiziellen Wiegen durch Rehydrieren auf das Format eines Halbschwergewichtlers aufzublähen pflegt und dadurch seinen Gegnern in aller Regel körperlich haushoch überlegen ist.

Amir Khan hatte die letzten beiden Jahre damit verbracht, sich vergeblich für einen spektakulären und hochdotierten Kampf gegen Floyd Mayweather oder Manny Pacquiao ins Gespräch zu bringen. Zuletzt schien er vor der Wahl zu stehen, entweder den neuen WBC-Champion Danny Garcia oder den IBF-Weltmeister Kell Brook im Weltergewicht herauszufordern. Obwohl auch Khans endlos anmutende Jagd nach dem großen Coup lang und breit erörtert wurde, brachte ihn niemand mit "Canelo" in Verbindung, der den Anspruch erhebt, er sei der neue Superstar des Boxgeschäfts.

Der Kampf wird vom Sender HBO im Bezahlfernsehen übertragen und aller Voraussicht nach in der neu errichteten T-Mobile Arena in Las Vegas veranstaltet, die 20.000 Zuschauer faßt, dem MGM Grand gehört und im April erstmals ihre Pforten öffnet. Vertraglich vereinbart wurde wie bei Alvarez üblich eine Gewichtsgrenze von 155 US-Pfund (rund 70 kg), die knapp über dem Halbmittelgewicht liegt. Der Kontrakt enthält keine Klausel, welche die Gewichtszunahme zwischen Wiegen und Kampf beschränken würde. Da Khan zwar etwas größer, aber normalerweise wesentlich leichter als der Mexikaner ist, hat dieser zumindest in physischer Hinsicht alle Vorteile auf seiner Seite.

Für Alvarez, der den Titel am 21. November im Kampf gegen den Puertoricaner Miguel Cotto in Las Vegas gewonnen hat, ist der Auftritt am 7. Mai nur eine Zwischenstation. Im Herbst soll es zum seit langem geforderten Duell der Weltmeister gegen Gennadi Golowkin kommen, der seinerseits einen zwischenzeitlichen Kampf absolviert und dabei am 23. April in Inglewood, Kalifornien, voraussichtlich auf Dominic Wade, einen seiner Pflichtherausforderer trifft.

Um den naheliegenden Vorwurf zu entkräften, Alvarez steige schon wieder mit einem körperlich unterlegenen Gegner in den Ring, preist Oscar de la Hoya die Qualitäten Amir Khans an. Der Brite sei ein aufregender Boxer, dessen Kämpfe nie langweilig verliefen. Ihn ins Boot zu holen, dürfte nicht ganz einfach gewesen sein, da er vertraglich mit dem einflußreichen Berater Al Haymon verbunden ist, den De la Hoya auf 300 Millionen Dollar verklagt hat. Wie dieser hervorhebt, habe er mit dem Vater und dem Anwalt Khans verhandelt, jedoch kein einziges Wort mit Al Haymon gewechselt.

Um davon abzulenken, daß Alvarez einen enormen Gewichtsvorteil auf seiner Seite haben wird, schwärmt De la Hoya von Klassikern wie seinem Kampf gegen Manny Pacquiao, Floyd Mayweather gegen Saul Alvarez oder Ray Leonard gegen Marvin Hagler, bei denen jeweils der leichtere Boxer den schwereren besiegt habe. Zudem sei Khan größer und schneller als "Canelo", dem er dadurch enorme Probleme bereiten könne. Der Brite verdiene einfach einen bedeutenden Auftritt, redet der Promoter den Gegner stark.

Der Vertrag garantiere Alvarez für den Fall der Niederlage eine Revanche, enthalte aber keine weiteren Optionen auf Amir Khan, dessen Promoter De la Hoya von 2010 bis 2014 war. Er freue sich darauf, wieder mit dem Briten zusammenzuarbeiten, ließ er offen, ob ihm dabei eine erneute längerfristige Kooperation vorschwebt. Was das Duell mit Gennadi Golowkin betrifft, werde es mit Sicherheit stattfinden, versucht Oscar de la Hoya alle diesbezüglichen Zweifel zu beschwichtigen, der Mexikaner werde einen erneuten Rückzieher machen, wenn es ernst wird. [1]

Wie Saul Alvarez erklärte, wolle er sich als Weltmeister im Mittelgewicht mit den allerbesten Gegnern messen. Amir Khan sei ein höchst erfolgreicher Amateurboxer gewesen und habe es im Profilager zum Weltmeister zweier Verbände gebracht. Daher stehe dem Publikum im Mai ein spektakuläres Ereignis bevor. In der Tat können beide Akteure eine riesige Fangemeinde mobilisieren, wobei der populärste mexikanische Boxer in Las Vegas sicher die zahlenmäßig größere Anhängerschaft um sich scharen wird, der Brite jedoch mit einem beträchtlichen Kontingent seiner bekanntermaßen lautstarken Landsleute rechnen kann.

Im vergangenen Jahr erzielte der Titelkampf zwischen Alvarez und Cotto mit 900.000 Buchungen im Bezahlfernsehen das zweitbeste Ergebnis hinter dem Rekordwert des Duells zwischen Mayweather und Pacquiao, dessen 4,6 Millionen Kunden noch lange unübertroffen bleiben dürften. Für den Mexikaner wäre Golowkin zweifellos der optimale Kontrahent, um das ertragreichste Boxereignis des Jahres 2016 über die Bühne zu bringen. Um das Interesse daran wachzuhalten oder sogar noch zu steigern, bedurfte es für das Intermezzo im Frühjahr eines namhaften Gegners, den zu besiegen die Aktien des Mexikaners weiter steigen ließe.

Amir Khan müßte sich im klaren darüber sein, daß er mit einem gefährlichen Konterboxer in den Ring steigt, der zwar nicht sonderlich schnell und wendig ist, ihn aber dank der Wucht des erheblich höheren Gewichts mit einigen Volltreffern von den Beinen holen kann. Bescheidenheit war jedoch noch nie des Briten Zier und so verkündet er selbstbewußt, daß "Canelo" gegen die Besten kämpfe und sich deshalb die Gelegenheit nicht entgehen lasse, gegen ihn anzutreten. Dasselbe gelte auch für ihn selbst, weshalb er dem Ereignis mit hohen Erwartungen entgegensehe und seinem eigenen Team wie auch den Golden Boy Promotions dafür danke, dieses Aufeinandertreffen möglich gemacht zu haben. [2]


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/14699965/how-canelo-alvarez-amir-khan-was-made

[2] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/14697786/middleweight-champion-canelo-alvarez-fight-welterweight-contender-amir-khan-7

4. Februar 2016


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